Taktik der Verbrannten Erde in Nordtroms und der Finnmark – ein Überblick
Norwegen, zu Zeiten von Kaiser Wilhelm hochgeachtet, zu Zeiten von Adolf Hitler tief verachtet- sah sich beim Rückzug der deutschen Wehrmacht durch die Taktik der Verbrannten Erde blinder Zerstörung in den Landesteilen Troms und Finnmark ausgesetzt.
Wir können uns gar nicht hinein versetzen, wenn den Menschen gesagt wird, sie mögen ihre Sachen packen, die sie tragen können und eine Stunde später auf die Abholung warten. Von dort werden sie sehen, wie ihr Zuhause angezündet, bombardiert, gesprengt wird, wie ihre Tiere erschossen werden.
Und doch wollen wir uns einen Überblick verschaffen, um zu fassen, was man nicht fassen kann. Ein Versuch, eine Annäherung an eine Geschichte, die König Olav später als die größte Katastrophe nach der schwarzen Pest in Norwegen bezeichnete.
Seit vier Jahren hat die deutsche Wehrmacht Norwegen besetzt und in manchen Orten brutal gewütet. In der Finnmark versuchte sie, mit etwa 200.000 Soldaten nach Russland vorzudringen und den Eismeerhafen in Murmansk zu besetzen. Finnland hatte mittlerweile kapituliert und so drangen sowjetische Soldaten immer stärker nach Westen vor. Die Kola-Halbinsel, auf der sich Kirkenes befindet, war nicht mehr zu halten. Die deutschen Soldaten sollten sich zurückziehen. Doch dabei alles vernichten, was dem Feind irgendwie nützlich sein könnte.
Fast 75.000 Menschen wurden vertrieben, zwangsdeportiert in den Süden Norwegens. Mehr als 12.000 Häuser wurden niedergebrannt, etwa 500 Fabriken und einige hundert Fischfarmen zerstört. Brücken, Telegrafenmasten. Leitungen, Schienen wurden gesprengt oder gekappt. Die Menschen wollten nicht weg von ihrem Zuhause, sie standen jedoch vor der Alternative, erschossen zu werden. Insgesamt blieben etwa 23.000 Menschen zurück, versteckten sich in Höhlen und Wäldern. Wohlgemerkt, im Winter in den Ausläufern der Subarktis.
Einige Gruppen lebten sechs bis sieben Monate in Stollen. Wurden sie von den deutschen Soldaten entdeckt, wurden sie in der Regel erschossen.
jAls den Menschen gewiss war, dass nun keine Gefahr mehr bestand, kamen alleine aus den Bergwerksstollen von Børnevatn bei Kirkenes etwa 3000 Menschen. Alte, junge Menschen, Kinder, mit Vieh und Schafen und einer norwegischen Flagge. Sowjetische Soldaten hatten sie entdeckt und ihnen die frohe Botschaft von der Befriedung Ostfinnmarks gebracht.
Der Grubenbetreiber Gruveselfskapet A/S Sydvaranger hatte eine große Halle im Inneren des Bergwerkes für eine mögliche Evakuierung heimlich vorbereitet. Dort waren einige hundert Betten aufgestellt und Proviant angelegt. In der Zeit der Evakuierung kamen in diesem Tunnel 10 Kinder zur Welt. In anderen Teilen der Finnmark wurden sie ebenso im Scheunen oder Höhlen geboren. Später wird man die gebliebenen und versteckten Menschen auch als Höhlenmenschen bezeichnen. Den letzten Partisanentunnel hier bei Kirkenes hat man erst vor wenigen Jahren entdeckt.
Am Tag der Befreiung hat man in Kirkenes ein verbliebenes Bootshaus hergerichtet, einen Gemeinderat für Sør-Varanger etabliert und den Wiederaufbau einer völlig zerstörten Umgebung organisiert.
Etwa 50.000 Menschen waren in den Süden Norwegens deportiert worden. Doch die meisten kamen zurück und bauten die Finnmark mit auf. Man geht davon aus, dass etwa 340 Norweger im Rahmen der Verbrannten Erde und damit einhergehenden Vertreibung getötet wurden. Das wäre etwa das zehnfache der offiziell registrierten Morde.
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