Unewatt an der Flensburger Förde – ein Dorf, ein Museum

Das gab es noch nie – ein kleines Dorf wird zum Museum. Der Wiederaufbau des Marxenhauses gab den Anstoß zum Museumsdorf Unewatt. Zwar gab es schon lange Freilichtmuseeen, aber hier entschied sich der Kreis Schleswig-Flensburg für einen ganz neuen Weg. Weil nur das Marxenhaus seinen Standort ändern sollte und so viele historische Gebäude in einem kleinen Ort erhalten werden sollten, entschloss man sich in den 1980er Jahren, das Museum Unewatt zu gründen.

Mitten durch das Museumsdorf Unewatt

In Unewatt wird das komplexe Dorfleben aus vergangener Zeit mit der aktuellen Situation verbunden und erlebbar. Über den Ort verteilt erzählen fünf Museumsinseln vom besagten Hof, einer Räucherei, der wasserradbetriebenen Buttermühle, Windmühle Fortuna und der Christesen-Scheune. Wir parken auf dem großen Parkplatz am Ortseingang von Unewatt. Von hier aus geht es zu Fuß durch das beschauliche Unewatt. Anders macht es gar keinen Sinn. Parken ist außerhalb des Parkplatzes nur für Restaurantbesucher möglich.

Das eigentliche Erlebnis wartet in den Museumsinseln

Nun kann man die Dorfstraße in Unewatt rauf und runter laufen und sich die Häuser anschauen, die man auch in anderen schönen Orten in Schleswig-Holstein findet. Das haben wir auch einige Male gemacht, aber wir wohnen ja auch nur wenige Kilometer entfernt.

Zum Erlebnis wird Unewatt aber erst, sobald man für wenig Geld die Museumskarte im Hauptgebäude bezahlt hat und den riesigen Webstuhl entdeckt. Webstühle gehörten früher auf sehr vielen Höfen zur Standardausstattung. Vor allem in den Wintermonaten, wenn auf dem Feld keine Arbeit möglich war, wurde die Zeit genutzt, um weitere Einnahmemöglichkeiten zu haben. Die Produkte wurden dann auf den Märkten zusammen mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen angeboten.

Aber auf einem Hof im Museum Unewatt wurde auch gewohnt. Da steht noch Omas Sofa, der kleinen Spieltisch und das traditionelle Esszimmer. Da ist die Küchenhexe, wie man die Herde früher genannt wurden, für die es so nettes Zubehör wie Kaffeeröster oder Waffeleisen gab.

Alles ist so wieder hergestellt, wie es einst war. Vor gar nicht einmal so langer Zeit. Viele werden sich an diese Epoche noch erinnern können. 

Unewatt – einst ein autarkes Bauerndorf

Nebenan wartet im gleichen Gebäude die große Scheune. Mit Pferdewagen und Milchkannen, mit allen möglichen Gegenständen, die man auf einem funktionierenden Hof so benötigte. Auf großen Schautafeln werden die einzelnen Gebäude und Höfe mit ihrer Historie und Funktion vorgestellt, die wir auch unserem Weg durch das Museumsdorf Unewatt entdecken und damit verstehen dürfen.

Einmal die Dorfstraße von Unewatt hinunter

Einen ersten Eindruck haben wir nun von Unewatt bekommen. Einen ganz anderen, als wir auf unseren bisherigen Spaziergängen durch Unewatt haben. Und so gehen wir mit diesen Eindrücken hinunter bis zur Brücke der Langballigau. 

Hier treffe ich Gaby Arets aus dem Museumsdorf Unewatt, eine zierliche hübsche ältere Frau in alten Filzschuhen. Sie stellt gerade ihre Kräutersammlung und die Brotaufstriche zurecht, die man hier an der Brücke in Unewatt erwerben kann. Alle Tüten sind aus schönem Papier und aufwendig von Hand beschriftet. Und wie die Verpackung, genauso liebevoll die Kräutermischungen aufwendig zusammengestellt und angerichtet. 

Gaby Arets, mit der ich mich gleich dutze, erzählt mir von den zwei wilden Walnussbäume, die sie hier im Wald von Unewatt entdeckt hat. Mit Bioorangen und gereinigter Butter zaubert sie daraus einen leckeren Brotaufstrich. Wie dieser Brotaufstrich stammen alle ihre Produkte aus dem Wald von Unewatt und haben damit höchste Bio-Qualität. Viel Aufwand sei dies, aber es mache ihr Freude und es reiche für ein kleines Taschengeld, so erzählt mir diese bescheidene Frau mit einer Ausstrahlung, die Unewatt zu Leuchten bringt.

Auf zur Buttermühle in Unewatt

Von der Brücke über die Langballigau drehen wir wieder und folgen dem Schild zur Buttermühle, die ebenfalls zum Museum Unewatt gehört. Am Fuß des Wasserrades stehen die Tische des Gasthauses, dessen Besuch wir uns für den Schluss aufbewahren.

In einer Zeit, in der es noch keine großen industriellen und dezentralen Anlagen gab, welche die Milch weiter verarbeiteten, gab es viele kleine Betriebe in einem Bauerndorf wie Unewatt. Ein solche Betrieb war die mit einem kleinen Wasserrad betriebene Buttermühle. Es ist spannend zu sehen, wie nachhaltig und energiesparend man früher produzieren konnte mit einer Technik, die auch noch in 100 Jahren funktionieren würde.

Ich liebe alte funktionierende Mechanik, hier wird sie sichtbar. Eine große Butterpresse, in der die Butterpäckchen wie an einem Fließband herauskamen oder das klassische Butterfass in den unterschiedlichen Größen.

Viermal im Jahr wird auch heute hier Butter und Kuchen hergestellt, zu besonderen Tagen. Aber es gibt neuerdings noch eine weitere ziemlich spannende Ausstellung, die wir so gar nicht in unseren Kopf gehabt hätten: Früher nutzen viele Frauen auf dem Land den Tag über diese praktischen und unverwüstlichen Kittelschürzen. Die gab es in weiß, aber auch für das Trauerjahr in schwarz, natürlich auch farbig mit Motiven und, wie wir es aus Skandinavien kennen, auch für Kinder.

Heute erzählt eine ziemlich umfangreiche Ausstellung mit einer beeindruckenden Fotosammlung aus dieser Zeit auch über Unewatt hinaus. Und das ist nicht nur für Frauen interessant.

Glück hatten die Menschen, die diese Ausstellung zusammen trugen. Denn einen großen Teil bekamen sie bei der Auflösung des Restaurants in Eggebek ins Museum Unewatt. Kurze Zeit später wurde jenes Restaurant Opfer eines Feuers.

 

Die Windmühle Fortuna im Museumsdorf Unewatt

Wie viele Windmühlen habe ich in meinem Leben schon gesehen. Seien es die alten Bockmühlen oder die für jene Zeit so modernen Holländermühlen mit ihrer Galerie. Die größte Holländermühle in Europa steht übrigens im süddänischen Høyer (Højer). Aber wie funktioniert eine Windmühle bisher? Mein Wissensstand beschränkt sich bislang nur auf Max und Moritz. Zeit also, mir so eine Windmühle von innen anzuschauen, hier im Museum Unewatt.

Zwei der riesigen und schweren Mühlensteine flankieren rechts und links den Eingang. Kaum vorstellbar, wie dieses Gewicht auf die Höhe der Galerie gehievt und dann im Inneren montiert oder ausgetauscht wurde. Überhaupt, ersteinmal die zweite Ebene erklettert, stell eich mir zum ersten Mal die Frage, ob eine Windmühle wie hier die Holländermühle in Unewatt ein Bauwerk oder eine Maschine ist. Überall sehe ich Trichter, Räder, Riemenantriebe, Einfüllstutzen, Griesreiniger und Seile, die man kaum zuordnen kann.

Glaubte ich bisher, ein Hammer ist ein Hammer, sehe ich zum ersten Mal eine ganze Batterie von Mühlenpickel, in bestimmt zehn verschiedenen Größen. So unvorstellbar wie die Handhabung der schweren Mühlensteine ist die Drehbarkeit der ganzen Mühle oberhalb der Galerie. Das muss ich mir von außen anschauen, aber so ganz traue ich den knarrenden Bohlen unter mir dann doch nicht und bewege ich mich vorsichtig wieder zurück. Mein Interesse für die Technik, diese hölzerne Mechanik einer Windmühle wie im Unewatt ist geweckt und ich freue mich schon auf die nächste Besichtigung einer Holländermühle.

Auf zur Christesen Scheune in Unewatt

Eine letzte Etappe haben wir noch vor uns, durch das Museumsdorf Unewatt. Und dazu gehen wir den Weg zurück in Richtung des Hauptgebäudes. Da zeigt auf der rechten Seite ein Schild zum weiteren Abschnitt des Rundweges durch Unewatt, dem wir gespannt folgen.

Es geht durch einen schmalen Waldstreifen zu einem Panorama, dass uns Unewatt von der Rückseite zeigt. Oder zumindest eine ganz andere Perspektive bietet. Vorbei geht es an den Vieweiden und wir laufen geradewegs auf einen weiteren Hof zu. Die Christesen-Scheune des Museums Unewatt wirkt zunächst nicht so, als gäbe es darin etwas neues zu entdecken. Denn wie viel Scheunen habe ich in meinem Leben schon gesehen. Doch der Gang durch die kleine Seitentür führt uns in einen hell ausgeleuchteten Raum und bringt mich zunächst einmal zu Staunen.

Groß ist die Christesen Scheune des Museum Unewatt und da passt entsprechend viel hinein. Zunächst erwarten uns einige alte Traktoren. Genau das richtige für mich. Ich liebe altes Gerät. Das liebte ich schon als Kind, wenn Tante Trude mit ihrem alten Trecker und dessen Seitenmähwerk die kleine Koppel abmähte. Hier kommen solche Erinnerungen schnell wieder. 

Den alten Mähdrescher habe ich schnell als solchen identifiziert, aber laufe noch einige Male an ihm vorbei, bis ich wirklich gewiss bin, dass es ein vom Traktor gezogenes Gerät ist und kein Selbstfahrer. Dann noch die Kartoffel-Erntemaschine und die riesige hölzerne Dreschmaschine, die in ihrer Art auch in der Astrid Lindgren Verfilmung der Kinder von Bullerby ihre Rolle spielt.

Riesige hölzerne Ungetüme, die meine Hochachtung vor deren Konstrukteuren fordern. Mein Staunen sei mit ihnen. Und mein Staunen, solches ganz unerwartet im Museum Unewatt entdecken zu dürfen. Hätte mir einer das gesagt, ich wäre schon lange hier gewesen, hier in Unewatt.

Es geht noch weiter. Der alte Fischer aus dem Ort hat sein schweres Fischerboot hier gelassen und erzählt mit großen Schwarz-Weiss-Fotos seine Lebensgeschichte. Dann die Gemälde-Galerie der einzelnen Höfe. Und in der oberen Etage die große Ausstellung der Viehzucht in Angeln. Alleine schon, wer sich für eine schöne Fotoausstellung zum Thema Dorf und Landwirtschaft interessiert, ist im Museum Unewatt mehr als richtig.

Zudem finden sich in der Christesen Scheune zahlreiche Exponate der klassischen Handwerksberufe eines Dorfes oder Gerätschaften einer Küche aus vergangenen Tagen. Würde heute immer noch funktionieren, wenn wir unsere eigenen Fähigkeiten nicht an Chips und Apps abtreten würden.

Eine gefühlt ewige Zeit später verlassen wir die Christesen Scheune, gefüllt mit Inspirationen, Gedanken und eigenen Erinnerungen. Und einem kleinen Mädchen, was gar nicht mehr aufhört zu fragen. Während ihr kleiner Bruder der Sprache noch nicht mächtig, seine Begeisterung für die alten Traktoren in seinem nicht enden wollenden „Brumm Brumm“ mit nach draußen trägt. Zeit für einen Besuch im Restaurant Unewatt…

Was, wann, wo?

Anschrift des Museum Unewatt: Unewatter Straße 1a · 24977 Langballig, Telefon: 

Öffnungszeiten: 
April: Freitag bis Sonntag 10.00 Uhr –17.00 Uhr
Mai bis September: Dienstag bis Sonntag 10.00 Uhr –17.00 Uhr
Oktober: Freitag bis Sonntag 10.00 Uhr –17.00 Uhr
November bis März: geschlossen
Gruppen und Führungen nach Vereinbarung

Zur offiziellen Website des Unewatt Museum geht es hier…

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