Der vermeintliche Ruhm mit dem Rum – das Rum-Museum und die Rumstadt Flensburg

Weithin ist Flensburg nicht nur für seine Punkte in der Verkehrssünderkartei bekannt, sondern auch als Rumstadt. Doch wie kam die einst dänische Hafenstadt Flensburg zu ihrem Ruhm mit dem Rum und wer hat für den Erfolg der Flensburger Kaufleute bezahlt? Wir besuchen dazu das Rum-Museum Flensburg und entdecken eine der besten Installationen, die wir je in einem Museum erleben durften.

Echte Männer, echter Rum

„…und ne Buddel voll Rum…“ Kaum ein echtes Seemannslied kommt ohne dieses berühmte Zuckergetränk aus und auch der Bernhardiner in den Alpen bringt  den geretteten Lawinenopfern erst einmal das kleine Fässchen Rum, dass ihm um den Hals hängt. Rum, das ist was für echte Männer, die bei Eiseskälte, Wind und Wetter, Regen und Schnee den Wellen des Meeres, dem tosenden Sturm und der Gischt im Gesicht trotzen. Und sich dann aufwärmen mit einem kräftigen Schluck Rum aus der Buddel.

Flensburg – die Hauptstadt des Rum

Dass der Rum zu einem großen Teil aus Flensburg kam und Flensburg sogar als die Hauptstadt des Rum in Europa galt, davon erzählt eine spannende und emotionale Multimedia-Show im Rum-Museum Flensburg, welches Teil des Schifffahrtsmuseum Flensburg ist. Zu den Hochzeiten der Rum-Produktion gab es in Flensburg 200 Destillen. Heute sind uns noch zwei Rumhäuser geblieben. Aber was hat es mit diesem legendären Getränk auf sich?

Ins Glas geschaut

Wir setzen uns auf einer der kleinen Bänke im Keller des Schifffahrtmuseum Flensburg. Hier ist das Rum-Museum integriert. In meinen Augen ist die Gestaltung des Rum-Museum Flensburg der schönste Bereich der gesamten maritimen Ausstellung. 

Umgeben sind wir von vielen Gegenständen der Rum-Produktion, angestrahlt von blauem Licht. dazwischen dunkle Schatten. Bildschirme und Lautsprecher vermitteln auf ganz besondere Art die Geschichte des Rum und damit die Erfolgsgeschichte von Flensburg. Und diese geht einher mit grausamer Sklaverei, mit Folter und Mord..

Aber zum Anfang der Geschichte.

Die Anfänge der Route zwischen Dänisch Westindien und Flensburg

Flensburg gehörte im 17. Jahrhundert als Teil des Großherzogtum Schleswig zum Königreich Dänemark.  Dabei war Flensburg die drittgrößte Stadt im dänischen Gesamtstaat und Dänemarks wichtigste Hafenstadt. Aber die Zeit war geprägt von Armut, von Hunger und von Krankheiten.

Dänemark war eine internationale Seemacht und unterhielt drei Inseln in der Karibik als eigene Kolonie. Sie wurden als Dänisch-Westindien bezeichnet.

Der Sklavenhandel blühte und damit einhergehend die Ausbeutung der Kolonien. Allerdings war der Sklavenhandel ein echtes Privileg und dieses war nur Kopenhagen vorbehalten. Man schaffte also in einem Dreieckshandel Baumaterial und alltägliche Waren nach Dänisch-Westindien, nahm dort Baumwolle, Edelhözer, Kaffee, Tee und Tabak an Bord. Und eben auch Zuckerrohr und Rum. In Afrika tauschte man Waren gegen Sklaven, die man auf den Plantagen benötigte.

Im Jahr 1755 segelte das erste Schiff, die Neptunus, von Flensburg aus nach Dänisch-Westindien. Flensburg durfte nur zwischen der Kolonie und dem Hafen Flensburg handeln, hatte also direkt mit der Sklaverei nichts zu tun. Aber Flensburg profitierte trotzdem und wurde reich.

Die Sklaven auf den westindischen Inseln St. Thomas, St. Jan und St. Croix hatten ein Leben in der Hölle. Täglich waren sie Misshandlungen. Folter, Amputationen und Morden ausgesetzt. Etwa 100.000 Menschen wurden auf diese Art und Weise brutal ausgebeutet. Im Ansatz bemüht sich das Team des Rum-Museum in Flensburg, diese Seite der Geschichte aufzuarbeiten. 

Womit sie allerdings europaweit gegenüber der Politik ziemlich alleine stehen. Der ehemalige englische Premierminister David Cameron brachte die Haltung gegenüber den Betroffenen bei einem Staatsbesuch ganz offen zum Ausdruck: „…vergessen Sie ihre Geschichte…“ Seine Familie gehörte zu den Profiteuren dieser Ausbeutung.

Verkauf der Kolonie Westindien an die USA

Im Jahr 1864 gab es in der Geschichte Dänemarks ein einschneidendes Ereignis: Es verlor den Krieg gegen Preußen und musste alle Gebiete von Nordschleswig an in den Süden dem Deutschen Reich überlassen. Flensburg gehörte auf einmal zum Deutschen Reich. Damit verlor Dänemark seinen wichtigsten Hafen. Und damit auch das Geschäft mit dem Zuckerrohr. 

Im Jahr 1917 veräußerte Dänemark die besetzten Kolonialgebiete an die USA. Dort gehören sie heute noch zum Staatsgebiet.

Aber wie wurde Flensburg zur Rum-Hauptstadt?

Zurück also ins 18. Jahrhundert: Flensburg war nicht nur Hafenstadt. Schon lange Zeit gab es zahlreiche Brennereien in Flensburg. Dort brannte man aus deutschen und französischen Weinen Branntwein. Weil der Wein also gebrannt wurde, folgt diese Schreibweise.

Aber offensichtlich brach die Weinproduktion aufgrund schlechter Ernten so stark ein, dass man den etwa 100 aktiven Brennereien in Flensburg im Jahr 1767 verbot, weiterhin zu produzieren.

Da besann man sich, dass man aus den Kolonien Zucker importierte und auch den Pure-Rum, (Pyre Rum). So verkaufte man an die meist norwegische Kundschaft ab sofort den Rum anstatt den nicht mehr verfügbaren Branntwein.

Der Pure-Rum war bis dahin ein kaum beachtetes Abfallprodukt bei der Verarbeitung von Zuckerrohr.

Wenn Zuckerrohr nach zwölf Monaten Wachstum mit einem Durchmesser von 5-7 Zentimeter geschlagen wird, muss es schnellstens verarbeitet werden, sonst verdirbt es. Also wird das Zuckerrohr am Tag der Ernte durch Weizenöl gezogen und in der Zuckermühle gepresst. Der gewonnene Sirup, eine dickflüssige braune Masse muss nun von den Zuckerkörnern getrennt werden.

Irgendwer kam nun auf die Idee, die flüssige Masse aus Melasse und Zuckerschaum weiter zu verarbeiten. Dazu erhitzte man das Ganze und setzte es zu Maische an. Diese Masse wurde dann vergoren und zu Rum gebrannt. Aber frisch gebrannter Rum- das schmeckt fürchterlich. Er musste erst gelagert werden und das konnte man am besten in den Holzfässern der Frachtsegler. So konnte der Rum auf der langen mehrwöchigen Überfahrt nach Flensburg reifen und sein eigentliches Aroma entfalten.

Zunächst wurde Rum allerdings stark verdünnt und auch nur verdünnt an die Matrosen und Sklaven ausgegeben. Diese mit Wasser gestreckte Variante ist übrigens der berühmte Grog, eine englische Erfindung.  Und so ist Grog eigentlich auch das echte Seefahrergetränk.

Der Handel mit Rum war für Flensburg ein internationales Geschäft. Um 1800 setzte der eigentliche Erfolg ein. Um 1830 erreichte man eine Importmarke von einer Millionen Liter Rum in einem Jahr. In Flensburg hatten sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 60 Betriebe der Herstellung von Rum verschrieben. Seit dem von Dänemark verlorenen Krieg segelten nun ab 1867 die Handelsschiffe unter deutscher Flagge. Den Rum beschaffte man sich allerdings fortan in der englischen Kolonie Jamaika.

Der berühmte Jamaika-Verschnitt 

Im Flensburg blühten Herstellung und Handel mit Rum. Aber das deutsche Kaiserreich wollte die eigene Alkoholproduktion gegenüber billigen Importen schützen und verabschiedete im Jahr 1885 das Reichsmonopolgesetz. Die Preise für den Import von Rum stiegen in die Höhe, die Wettbewerbsfähigkeit der Händler gegenüber den heimischen Produzenten litt. Wie konnten die Händler aber weiterhin Geld verdienen?

Der importierte Jamaika-Rum musste also gemischt werden. Das tat man mit heimischen Branntweinen. Daraus entstand ein Alkoholkonzentrat mit 80 Prozent Volumenalkohol. Dieses versetzte man mit frischem Quellwasser, um ein trinkbares Niveau zu erreichen. Dieses Verfahren nutzten fortan etwa 30 Brennereien in Flensburg.

Der verlorene Erste Weltkrieg und die neue Grenze- aber Flensburg bleibt deutsch

Mit der neuen Grenzziehung zwischen Dänemark und Deutschland konnte sich das dänische Kernland endlich wieder vereinigen. In Flensburg entschied die Mehrheit, weiterhin zu Deutschland gehören zu wollen. Damit brach aber ein großer Absatzmarkt ein. Denn das nun dänische Nordschleswig war tabu für deutsche Spirituosen. Man suchte sich also neue Absatz innerhalb des Deutschen Reiches. Und so wurde Rum auch im Süden und Osten bekannt. 

Allerdings war der Markt stark rückläufig und der Zweite Weltkrieg entzog den Brennereien neben Märkten auch die Fachleute. Folglich schlossen im Jahr 1941 90 Prozent des Alkoholgewerbes.  Mit dem verlorenen Krieg brach auch der Rest in Flensburg zusammen. Aber das Wirtschaftswunder folgte und es entstanden nach 1948 wieder 30 Brennereien, die sich dem Rum verschrieben.

Heute gibt es noch zwei Traditionsbetriebe: Johannsen-Rum und Braasch-Rum.

Nur am Rande: Warum wir blau sind, wenn wir betrunken sind

Von Rum kann man bekanntlich auch betrunken werden und eine Tradition sollte nicht dazu verführen, die Kontrolle über sich zu verlieren. Aber warum ist man blau, wenn man betrunken ist?

Auch das hat wieder etwas mit Indien zu tun, aber nicht mit den westindischen Kolonien. Aus Indien kam das Färbemittel Indigo. Aber dieser Rohstoff war sehr teuer. Also kam man auf eine heimische Pflanze, den Färberwaid.

Dieser wurde in einen Bottich gelegt und nun mit einer Flüssigkeit bedeckt. Genauer gesagt mit Alkohol und Urin. Menschlichem Urin. Billiger wurde dieses Verfahren, wenn die Färber den Alkohol selbst tranken und dann der Natur ihren Lauf ließen. Natürlich in den Bottich hinein. Jetzt bedurfte es nur noch der Sonnenstrahlung. Hin und wieder musste der Färber noch in der Lage sein, umzurühren. Ansonsten lag er in der Sonne.

So hat sich der Begriff des Blau sein und des Blau machen bis heute eingeprägt. 

Das Rum-Museum und Schifffahrtsmuseum an der nördlichen Innenstadtförde in Flensburg ist eine spannende und emotionale Ausstellung. Vor allem das Rum-Museum mit seiner Installation ist eine der kreativsten Ausstellungen in Flensburg. Zur offiziellen Homepage des Schifffahrt-Museum Flensburg geht es hier.

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
Reddit
Telegram
WhatsApp
Print

Schreibe uns Deine Meinung