Fettnäpchenführer Dänemark von Katja Josteit- unsere Rezension

Wir sind soeben nach Dänemark gezogen. Passend dazu hat uns der CONBOOK Verlag den neuen Fettnäpfchenführer Dänemark in die Post gesteckt. Eine lustige Überschneidung und ein Lächeln im Gesicht.

Nun kann ich nicht behaupten, dass irgendwer einen Fettnäpfchenführer für irgendein Land benötigt. Ich habe in vielen Ländern Europas gearbeitet oder meinen Urlaub dort verbracht und bin selten in ein Fettnäpfchen getreten. Denn offene Augen, ein offenes Herz und Respekt gegenüber den anderen machen ein solches Buch ziemlich überflüssig. Allen anderen wird auch ein Fettnäpfchenführer nicht weiterhelfen. Denn man kann seine Fettnäpfchen ehrlicherweise nur vermeiden, wenn man an echter Begegnung interessiert ist.
Aber so ernst ist der Fettnäpfchenführer Dänemark auch gar nicht zu verstehen. Vielmehr darf er ein Lächeln ins Gesicht zaubern bei den Menschen, die sich Dänemark verbunden fühlen und schmunzelnd die ein oder andere Eigenart dieses Landes entdecken wollen. Ich selbst habe durchaus schon aus dieser Serie zu anderen Ländern Fettnäpfchenführer verschenkt. 
 
Nun aber zum eigentlichen Inhalt:
Die freiberufliche Journalistin, Autorin und Bloggerin aus Kiel, Katja Josteit reist seit Ihrer Kindheit nach Dänemark oder auch weiter in den Norden. Nun ist es nicht weither, dass Menschen aus Schleswig-Holstein eine besondere Affinität zu Skandinavien haben. Zumal das nördlichste Bundesland einst zum dänischen Königreich gehörte. Warum also die eigenen Erfahrungen nicht in ein Buch packen. Doch bereits in den ersten Sätzen des Fettnäpfchenführer Dänemark tritt die Hauptprotagonistin Kati als Dänemark-Guru selbst in ein ebensolches Fettnäpfchen und ist damit bedauerlicherweise nicht alleine. Kati packt zwei große Lebensmittelkisten und eine Kühlbox in den ohnehin schon prall gefüllten Kofferraum des alten Kombi, um eine Seite später zu beschreiben, dass man alles vor Ort kaufen kann. Deutscher Geiz kommt in Skandinavien so gar nicht gut an. Zumal man in Skandinavien bei einem geschickten Einkauf kaum mehr Geld ausgibt als bei uns in Deutschland. 
 
Ebenso auf die Reise kommen alle möglichen Küchenutensilien, die man in einfacher Qualität in der Regel auch in dänischen Ferienhäusern findet. Los geht die Fahrt ins dänische Ferienhausgebiet an die Westküste und wird kombiniert mit einem Projekttreffen des mitreisenden Partners in Kolding. Dieser gemeinsame Urlaub des beziehungsgestressten Pärchens zieht sich wie ein Faden durch das Buch und knüpft an allen nur erdenklichen kleinen und großen potentiellen Fettnäpfchen an, in die man als Ausländer in Dänemark treten kann. Die Protagonisten charakterisieren die dänisch euphorisch auftretende und angehende Deutschlehrerin Kati mit ihrem Partner Jan, dem Dänemark-Volldeppen. Liebevoll und rechthaberisch erklärt Kati ihrem kleinen dummen Jungen, also ihrem Partner, die dänische Welt. Dabei müsste auch der nordfriesische Westküstenjunge wissen, dass man nicht einfach wild durch die Dünen läuft. Und sei es wegen der sich sonnenden Kreuzottern im warmen Dünengras. Ob die konstruiert wirkende Geschichte Realität oder Fiktion ist, kann man nur schwer ausmachen.

Fettnäpchenführer Dänemark von Katja Josteit- was am Ende bleibt

Natürlich sind alle Dänen entspannt, höflich und bescheiden und in gleicher Selbstverständlichkeit müssen die Deutschen ihre Höflichkeit und Ihr Benehmen gegenüber Dänemark erst lernen. Wären wir doch alle nur so hygge wie die Dänen, dann wird das schon. Da ich selbst seit etwa 30 Jahren regelmäßig privat wie geschäftlich in Dänemark unterwegs bin, kann ich solche klischeehaften Pauschalitäten nicht bestätigen. Die dänischen Ferienhausanbieter bevorzugen beispielsweise deutsche Kundschaft gegenüber der inlandigen, weil diese überwiegend wesentlich zufriedener und gelassener ist. Dänen können zudem genauso unfreundlich auftreten wie die Deutschen und natürlich genauso zuvorkommend und hilfsbereit. Wobei man sich an dieser Stelle fragen darf, was wirklich typisch dänisch oder typisch deutsch ist.
 
Da die eigentliche Zielgruppe des Fettnäpfchenführers Dänemark wohl unter den Dänemark-Urlaubern zu finden ist, fehlt zudem ein sehr wichtiges Thema: Urlaub mit dem Hund. Denn hier sind die Dänen wirklich sehr eigen und sehr klar. Illegal eingeführte Welpen werden beschlagnahmt und eingeschläfert. Ungeimpften Tieren kann das gleiche Schicksal ereilen und manche Hunderasse darf gar nicht mit nach Dänemark. Man findet in Dänemark riesige Auslaufflächen für Hunde, die man zu 100 Prozent unter Kontrolle hat. Außerhalb der erlaubten Gebiete sind freilaufende und möglicherweise noch jagende Hunde alles andere als ein Spaß für die Behörden. Kommt es mit einem Hund zu einer Attacke mit einem anderen Hund oder gar Menschen, wird das Tier ebenso beschlagnahmt und wurde bis vor wenigen Jahren noch eingeschläfert.
 
Dänemark ist ein sehr restriktives Land, in dem es genauso ein Schnellgericht, eine Kurzhaft von 30 Tagen mit anschließendem mehrjährigen Einreiseverbot gibt. Genauso wenig kuschelig und harmoniebedürftig ist auch die Geschäftswelt. Es gehört ein wenig zu den Legenden, dass man Geschäfte und Projekte in sanfter Harmonie führt. Auch dänische Geschäftsleute wissen, wie man sich international durchsetzt.
Keinen Spaß verstehen dänische Lieferanten in der Reklamationswut, die oftmals übrigens unberechtigt zu möglichen Preisnachlässen führen soll. Kurzerhand wird man als deutscher Kunde hinaus geworfen. Die im Fettnäpfchenführer beschriebene seichte und harmonisierte Darstellung eines Projekttreffens zwischen Deutschen und Dänen hat daher wenig mit der Realität zu tun.
 
Der Fettnäpfchenführer Dänemark liest sich in großteils sehr schlichter Sprache verfasst wie eine Nachmittagssoap und lässt dabei die wirklichen Eigenheiten der dänischen Kultur in langatmigen Abhandlungen fast untergehen. Da wirkt die beschriebene übergroße Handtasche von Kati wie eine Metapher, in der sie nur mit Mühe ihren Ausweis findet. Ich selbst hatte nach 25 Seiten Mühe, den Fettnäpfchenführer Dänemark weiterzulesen. Auch auf die Gefahr hin, dass mir kein weiteres Rezensionsexemplar zugesandt werden würde: es gibt meinem Empfinden nach aus gleichem Hause wesentlich bessere Dänemark-Literatur.
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