Zu Besuch in der Radiostation Grimeton – so entstehen Langwellen

Wer erinnert sich noch an die Radios mit ihrem Breitbandempfang, den Transistoren und dem Zeiger, der durch Drehen eines der runden Knöpfe auf die richtige Freuquenz kommt und je nach Wahl einen der weltweiten Sender bekommt? Zuvor hat man dazu eine Wahltaste für UltraKurzWelle, Mittelwelle oder Langwelle gedrückt. Wie diese Wellen entstehen, darüber mache ich mir zum ersten Mal Gedanken in der Radiostation Grimeton in Schweden, im einzig verbliebenen Maschinensender der Welt.

Für diesen Artikel helfen Grundkenntnisse in der Physik. Auch, wer als Kind mal einen Elektrobaukasten hatte und einen Elektromagneten gebastelt hat, wird sich in die technische Beschreibung hineinfinden können.

Radiostation Grimeton: Von Alternatoren und Langwellen

Neben der riesigen, Kilometer langen Antennenanlage der Radiostation Grimeton gibt es eine große, modern wirkende Maschinenhalle als Herzstück der Anlage. Ihre Architektur erinnert ein wenig an die von Wasserkraftwerken. Das kommt nicht von ungefähr, denn im Maschinenhaus der Radiostation Grimeton wartet ein von ehemals zwei beachtlichen Generatoren und vielen Schaltschränken und Pumpen. Hier entstehen die Langwellen des Längstwellensenders Grimeton, die von hier aus um die Welt geschickt werden.

Irgendwie erinnert mich das Innenleben des Maschinenhauses der Radiostation an Filme wie „Zurück in die Zukunft“ oder den ein oder anderen James Bond. Dazu trägt auch der Name des wohl markantesten Bauteils der Anlage bei.

Der Alternator in der Radiostation Grimeton

50 Tonnen Stahlguß und jede Menge Kupfer- wenn dieses Bauteil hochgefahren wird, treibt es  den einen Tränen vor Rührung in die Augen, den anderen Ehrfurcht und Schweiß. Leise geht das alles nicht von statten, aber diese Einheit ist das Bauteil, welches den internationalen Sendebetrieb überhaupt erst möglich gemacht hat. Der Alternator besteht aus einen großen Antriebsmotor, der über ein Zahnradgetriebe den Hochfrequenzgenerator  antreibt.  Man kann den Alternator schon als große Höllenmaschine beschreiben, dessen mattschwarze Erscheinung mit den kupfernen Rundanzeigen schon einen leicht gesepnstigen Eindruck hinterlässt. Zu Anfang gab es zwei Alternatoren, für die ein robustes Fundament erforderlich ist.

Der Alternator ist nach seinem Erfinder und Konstrukteur benannt, nach Alexandersson.

Der Antriebsmotor des Alternator

Etwa die zehnfache Haushaltsspannung ist erforderlich, um den Stator, den Antriebsmotor, in Gang zu setzen. Mit 2.200 Volt bringt er den Antriebsmotor des Alternator auf eine Leistung von 370 Kilowatt, also etwa 500 PS. Eine echte Seltenheit des Stator ist seine Zweiphasenwicklung. Den Strom bezieht der Stator aus dem benachbarten Transformatorenhaus der Radiostation Grimeton, welches gleich unübersehbar neben dem Maschinenhaus steht. In dem hier verbauten Scott-Transformator wandelt sich der Dreiphasen-Drehstrom in Zweiphasen-Drehstrom.

Der Antriebsmotor läuft mit genau 711,3 Umdrehungen pro Minute und überträgt seine Bewegung auf das nachfolgende Zahnradgetriebe, welches den Generator dann auf konstant 2.115 Umdrehungen / pro Minute bringt.

Das Zahnradgetriebe

Über ein Zahnradgetriebe werden Antriebsmotor und Alternator miteinander verbunden. Durch entsprechende Übersetzung erreicht man einen konstanten Rundlauf des Alternator von 2.115 Umdrehungen pro Minute. Das ist der Garant für die ideale Frequenz.

Der Hochfrequenzgenerator

Der Hochfrequenzgenerator ist eine ganz eigenwillige Konstruktion und erinnert vielleicht an einen Sience Fiction-Film der 1960er Jahre. Mit seiner Konstruktion erreicht man eine für rotierende Maschinen sehr hohe Frequenz von 17.200 Hertz. Um die Verluste durch Ummagnetisierung so niedrig wie möglich zu halten,  wurden die Wicklungen des Stators schichtweise mit dünnwandigem Transformatorblech aufgebaut. Die angetriebene Scheibe des Alternators hat eine Dicke von 7,5 mm und einen Durchmesser von 1,60 m. Im Vergleich: ein Autoblech ist etwa 0,8 mm dick.

Die Stahlscheibe sieht einem Zahnrad ähnlich, doch um den Luftwiderstand zu minimieren, hat man die Zwischenräume der Zähne mit unmagnetischem Messing gefüllt.

Der Stator umschließt die rotierende Stahlscheibe und hat lediglich einen Abstand von maximal einem Millimeter. Rund um die Stahlscheibe befinden sich am Stator 64 Ankerwicklungen. Diese Ankerwicklungen wirken als Elektromagnet, aber wie gesagt, mit einem Millimeter Abstand.

Nun rotiert die Stahlscheibe bei 2.115 Umdrehungen / Minute, im Bereich der Stahlzähne entsteht durch die elektromagnetischen Spulen ein starkes Magnetfeld. Doch dieses wird zwischen den Zähnen der Stahlscheibe durch die Messingfüllungen immer wieder unterbrochen.

In jeder Ankerwicklung fließt Strom mit 30 Ampere bei einer Spannung von 100 Volt. Dieser Strom wird an die Transformatoren des Hochfrequenzstellwerkes weiter gegeben.

Am besten stellt man sich ein großes Zahnrad vor, was schnell rotiert. Vielleicht erinnert sich noch jemand an das Glücksrad in gleichnamiger Fernsehsendung. Man hält nun eben einen Blechstreifen an die Zähne. Das macht Geräusche und zwar so oft, wie der Blechstreifen von einem Zahn berührt wird. Bei 2.115 Umdrehungen passiert das so oft, dass sich ein konstant schlagendes Geräusch mit Abstand von Millisekunden ergibt. Ungefähr dieses Geräusch kann man mit der Frequenz vergleichen.

Nominell kann der Hochfrequenzgenerator, wie er in der Radiostation Grimeton vorhanden ist, 200 KW leisten. Für den normalen Telegrammbetrieb in die USA reichten aber in der Regel 80 KW völlig aus. Hier war eine gute Lesbarkeit der Signale gewährleistet.

Die Flüssigkeitswiderstände

Der Antriebsmotor des Hochfrequenzgenerators ist über Kabel mit großen elektrischen Flüssigkeitswiderständen verbunden. Diese sind in drei Containern untergebracht und haben im Inneren eine elektrisch leitende Wasser-Lauge-Mischung. Über das Flüssigkeitsniveau wurde der asynchrone Antriebsmotor des Alternator geregelt.

Die multiplen Antennen

Die Sendeanlage besteht aus sechs mutiplen Antennen mit einem Abstand von 380 Meter. Jeder dieser Masten ist 127 Meter hoch. An ihrer Spitze befinden sich die 48 Meter breiten QuerarmeVor jedem Antennenmast befindet sich eine Spule.

Unter dem Antennenmasten befindet sich im Erdreich ein weiteres Netz aus entsprechenden Drähten.

Vom Maschinenhaus laufen die Verbindungskabel nun zu den Antennen, die durch die 12 Antennendrähte nun miteinander verbunden sind. In den Antennendrähten aus Kupfer, jeweils 2.2 Kilometer lang, fließt nun das Magentfeld, was durch den Hochfrequenzgenerator erzeugt wird. Die Schwingungen sind nun so stark, dass sie bis nach New York reichen und dort abgelesen werden können.

Vielleicht kann man das Ganze mit einem Wellenbad vergleichen, nur, dass das Wasserbecken tausend Kilometer lang ist. Erzeugt man auf der einen Seite die Wasserwellen. müssen sie so stark sein, dass sie in 1000 Kilometer Entfernung ankommen. Kommen die Wellen dann zu schwach an, muss man sie zu Beginn stärker erzeugen.

Bei den Langwellen oder Längstwellen kommen diese nun nicht als Wasserwellen, sondern als elektromagnetische Wellen durch die Luft.

Empfangsstation für die Langwelle war Kungsbacka

Telegramme nach Amerika versenden war die eine Sache, aber die Nachrichten aus Amerika mussten ja auch empfangen werden. Auch dazu benötigte man Antennen, die allerdings nur die Schwingungen aufnehmen mussten, die in der Sendestation nahe New York erzeugt  wurden. Diese Antennen waren entsprechend kleiner und erinnern eher an Stromleitungen, die an Holzmasten geführt werden.

Die beiden parallel laufenden Antennendrähte hatten eine Gesamtlänge von 13,4 Kilometern und zogen sich quer durch Kungsbacka bis zum Transformator nach Skärsjön, etwa 40 Kilometer nördlich von Grimeton entfernt.  Von hier aus wurden die Signale an die empfangsstation Kungsbacka weitergeleitet.

Und wie kommen die Wellen nun in die Luft und was hat Hertz mit Frequenz zu tun

Durch das Zahnrad zwischen den elektromagnetischen Spulen entstehen mit höherer Drehzahl des Zahnrades Schwingungen. Ab einer bestimmten Anzahl von Schwingungen / Sekunde strahlen elektrische Signale in den Raum ab. Die Kunst der Radiowellen, die man eben auch Frequenzen (Anzahl der Schwingungen/Sekunde) nennt.

Um noch die gesendeten Botschaften unterscheiden zu können, arbeitete nun jeder Station mit einer anderen Frequenz. Und auch die Frequenzen für Radio, Telegrammen, Telefone, Fernsehen müssen sich dazu voneinander unterscheiden.

Hertz ist übrigens die Einheit für eine Frequenz, benannt nach dessen Entdecker Heinrich Hertz, der die erste Funkübertragung vorstellte.

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