Reisefotografie – Die Brennweite 135mm

Wir sind bevorzugt mit Festbrennweiten unterwegs. Sie sind deutlich kompakter, weniger anfällig für Staub im inneren Bereich und haben je nach Qualität einedeutlich hohe Abbildungsqualität. Zumindest können wir das von unserem Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm behaupten. Andere halten dieses Objektiv für eines der besten Kleinbild-Objektive überhaupt. Uns fehlt dazu der Vergleich. Vielmehr machen wir uns auf Entdeckungsreise und zeigen einige Beispiele, in denen wir mit der Brennweite fotografieren. 

Vor ab für alle, die nach der idealen Brennweite in der Reisefotografie fragen: Wir empfehlen grundsätzlich die Brennweite 28 und 75mm und runden es gelegentlich mit 21mm als Superweitwinkel und der Brennweite 135mm als Tele-Brennweite ab. Mit 28 und 75mm Brenweite wird man in der allgemeinen Reisefotografie 95 Prozent der Motive abdecken können.

Barrieren überwinden mit der Brennweite 135mm

Die Brennweite 135mm ist im Kleinbild ein mittleres Teleobjektiv und eigentlich ein kleiner Exot. In der Messsucher-Fotografie ist es die größte Brennweite, die man im optischen Messsucher noch scharf stellen kann. Leica ist hier mittlerweile der einzige Hersteller dieser Brennweite in Bezug auf den Messsucher und es steht die Frage im Raum, wie lange das Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm überhaupt noch geliefert wird. Denn die Nachfrage nach der Brennweite 135mm bewegt sich in einer Nische.

Wir selbst nutzen ein 135mm Objektiv schon viele Jahre in der Reisefotografie. In der Regel gilt 135mm allerdings als Studio-Brennweite in der Portrait-Fotografie. Aber gerade in der Reisefotografie sind mit dem Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm Aufnahmen möglich, auf die man mit den üblichen Brennweiten verzichten müsste. 

So haben wir z.B. das Werftbild oben dicht durch einen Maschendraht-Zaun aufgenommen und müssen dennoch nicht retuschieren. Durch den geringen Filterdurchmesser können wir die Maschenweite weitgehend nutzen. Am Rand löst sich der im Bild befindliche Draht dann sogar auf. 

Auf Augenhöhe mit der Brennweite 135mm

Ein Weitwinkelobjektiv ist genauso ein Nahobjektiv wie ein Fernobjektiv ein Nahobjektiv ist. Als solches sollte man grundsätzlich jedes Objektiv betrachten, um möglichst intime Bilder zu schaffen.

Ein Tele-Objektiv wie das Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm überwindet Distanzen und führt im Gegensatz zum Weitwinkel-Objektiv Entferntes und Nahes zusammen. Um so wichtiger, den Vordergrund zu gestalten und weder Vordergrund noch Hintergrund ins Leere laufen zu lassen.

Die Tele-Brennweite 135mm hat noch einen weiteren Vorteil. Sie bettet Motive in deren Umgebung ein. Möchte ich zum Beispiel einen Leuchtturm fotografieren, kann ich ihn mit einem Teleobjektiv aus einer übersichtlichen Entfernung nah heran holen und dabei das Objektiv in der Waage halten. Zudem kann ich Strand oder Hafen wunderbar mit in die Bildgestaltung einbeziehen.

Je dichter ich an den Leuchtturm heran komme, um so mehr können durch ein nach oben gerichtetes Objektiv stürzende Linien entstehen und Bildelemente in direkter Umgebung des Motivs auftauchen, die auf dem Foto störend wirken. Ohne ein Weitwinkelobjektiv läuft in diesem Fall nichts mehr.

Autofokus oder manueller Fokus in der Brennweite 135mm?

Es gibt gute Gründe sowohl für den Autofokus wie für das manuelle Fokussieren bei der Brennweite 135mm. Grundsätzlich kommt es dabei auf den Anwendungsbereich und die Position des Fotografierenden an. Vor allem bei sich schnell auf den Fotografierenden zu- oder ab-bewegenden Objekten ist ein Autofokus hilfreich. Man braucht ihn allerdings nicht, wenn sich das bewegte Motiv parallel zum Objektiv bewegt. Denn in diesem Fall kann man die Entfernung voreinstellen und ist damit durchaus schneller als mit dem Einsatz des Autofokus.

Um ein Tele-Objektiv wie das Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm scharf zu stellen, braucht es Übung. Ich selbst habe mit dem optischen Sucher der Messsucher-Kamera keine Probleme gehabt, empfehle aber die Suchervergrößerung 1.4. Sie vergrößert das kleine Bildfeld um etwa 20 Prozent. Und das ist spürbar. Mit einem elektronischen Sucher fällt in meinen Augen die Fokussierung schwieriger aus. Hier ist aber das Fokus Peaking eine großartige Hilfe. Zumal sie den gesamten Schärfe-Bereich anzeigt und ich diesen kreativ auf den gewünschten Bereich verschieben kann. Ein weiterer Vorteil übrigens des manuellen Fokussieren.

Bei Landschaft, Architektur, ruhigen Portraits oder in der Reisefotografie braucht man ehrlicherweise nur den manuellen Fokus. Und das hat bereits praktische Vorteile beim Objektiv selbst.

Denn ein manuell zu fokussierendes Objektiv ist kleiner und leichter als ein automatisch zu fokussierendes Objektiv. Dabei spielt allerdings auch die Anfangsöffnung der Blende eine Rolle.

Bokeh und Lichtstärke bei Brennweite 135mm

Genauso wie bei der Frage der Fokussierung sollte man sich die Frage nach der erforderlichen Anfangsöffnung in der Brennweite 135mm stellen. Dabei sollte man sich selbst und nicht den Händler seines Vertrauens fragen und die Antwort bei sich selbst und nicht in der Verkaufsseite des Herstellers suchen. Es gibt heute irrsinnige Telebrennweiten mit Anfangsöffnungen von 1.8. Denn irgendwie möchte heute jedermann eine Anfangsblende unter 2.0 haben. Dabei geht es weniger um den Sinn als um das unbedingt haben wollen.

Wir sollten uns wieder bewusst machen, dass wir beim Betrachten einen emotionalen Fokus in uns selbst haben. In einem gut aufgenommenen Weitwinkel-Foto wird man beim Betrachten ein Hauptmotiv und ein Nebenmotiv wahrnehmen. Das Hauptmotiv als Überschrift und das Nebenmotiv als Erzählung. 

Dabei kann die Aufnahme durchgehend scharf abgebildet sein. Die Geschichte zur Überschrift wird mir aber fehlen, wenn allein das Hauptmotiv freigestellt ist und sich der Hintergrund im gleichmäßigen Nirwana auflöst. Im Übrigen sehen wir mal abgesehen von Sehschwächen auch durchgehend scharf und fokussieren uns dabei doch auf unser Hauptmotiv. 

Die Sonnensterne

Das Gegenteil vom perfekten Bokeh sind die neumodischen Sonnensterne. Früher gab es für diese Art der Bildgestaltung Sternenfilter. Diese hatten aber einen weichzeichnenden Effekt. Irgendwie scheint es heute dazuzugehören, dass jedes Objektiv die perfekten Sonnensterne liefert. In unseren Augen nimmt diese Art der Bildgestaltung häufig die natürliche Wiedergabe. Sonnensterne können all zu leicht eine Bildaussage dominieren. Und dem Bild die Harmonie nehmen. Wir sind bemüht, das Licht so zu nutzen wie es ist und so ist es in der Regel auch schön.

Möchte man eine gigantische Anfangsöffnung haben (dabei meine ich jetzt nicht Berufsfotografen auf dem Fußballplatz mit Kanonenrohren und schweren Stativen), wird man das in Gewicht und Größe spüren. Ein Objektiv mit der Brennweite 135mm mit Autofokus und großer Anfangsöffnung kann schnell das doppelte Gewicht und nahezu den doppelten Filterdurchmesser haben. 

Dabei ist durchaus fraglich, ob in jedem Fall die offizielle Anfangsöffnung überhaupt stimmt und die Bildqualität ohne massive elektronische Korrektur vergleichbar erreicht werden kann. Geht es um ein cremiges und angenehmes Bokeh, so wird es auch mit einer Blendenöffnung von 3.4 erreicht. Selbst bei vier Meter Entfernung hat das Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm einen Schärfebereich von lediglich zehn Zentimetern bei maximaler Blendenöffnung. Vergleichbar ist das Bokeh des APO Telyt M 3.4 / 135mm übrigens mit dem Leica Summilux M 1.4 / 50mm ASPH.

Unser manuell zu fokussierendes Leica APO Telyt M 3.4 / 135mm hat ein Gewicht von lediglich 450 Gramm. Optisch soll es die Referenz in Sachen Bildqualität sein, obwohl dieses Objektiv bereits seit 1998 produziert wird.

Verwackelte Bilder meiden mit Brennweite 135mm

Bei den aktuellen Messsucher-Kameras wird aufgrund des kleinen Gehäuses auf einen Bildstabilisator verzichtet. Bei den üblichen spiegellosen Kameras wie z.B. ab Leica SL2 sind IBIS (interner Bildstabilisator) obligatorisch.

Um bei fehlendem Bildstabilisator sicher zu gehen, dass die Aufnahmen mit einem Teleobjektiv wie dem APO Telyt 135mm nicht verwackeln, sollte die kürzeste Belichtungszeit etwa den doppelten Wert der Brennweite nicht unterschreiten. Bei der Brennweite 135mm wäre also die nächst liegende Belichtungszeit 1/250 Sekunde. Befindet man sich auf bewegtem Untergrund, gelten kürzere Zeiten. Ein kleines Stativ oder eine Schulterstütze kann aber durchaus Wunder bei längeren Belichtungszeiten bewirken. Generell sind Teleobjektive zunehmend mit ihrer Brennweite anfällig für verwackelte Bilder.

Fazit des Fotografierens mit einem 135mm Objektiv

Eine zusätzliche Brennweite außerhalb der Normalbrennweite zu haben ist reiner Luxus. Ganz gleich, mit welchem Objektiv man fotografiert- man sollte seinen Blick trainieren. Man sollte mit seinen Brennweiten trainieren. 

Aber gerade ein Superweitwinkel oder ein Tele sind in jeglicher Hinsicht anspruchsvoll. Und so ist es eine spannende und lehrreiche Erfahrung, mal einen Tag ganz allein mit einer solchen Brennweite wie 135mm zu fotografieren. Dabei geht es durchaus um Klasse statt Masse. Gerade mit der Tele-Brennweite zu fotografieren wird den Blick für Details enorm schulen.

Dabei kann man sich Umgebungen und Genres aussuchen, die man für eine Tele-Brennweite gar nicht bedacht hätte. Warum also nicht mal mit einem 135mm Objektiv innerhalb der eigenen Wohnung auf die Suche gehen? Mit einem 135mm Objektiv in der Stadt, in der Architektur, im Handwerk, im Garten fotografieren? Man findet nur ein Motiv? Macht nichts- vielleicht ist es genau DASS Motiv. 

Das wichtigste in der heutigen Zeit ist vielleicht, sich wieder Zeit zu nehmen. Um zu sehen. Um zu gestalten. Sich in das Motiv hinein zu fühlen. Dem einzelnen Bild, dem vielleicht einzigen Bild, wieder einen Wert zu geben, den es verdient. Und vielleicht entsteht genau daraus der große Abzug für die Wand im Wohnzimmer.

Welche 135mm Tele-Objektive gibt es?

Grundsätzlich nennen wir keine Produkte aus fragwürdigen Herkunftsländern und aus Produktionen, die es mit dem geistigen Eigentum nicht so genau nehmen. Faire Arbeitsbedingungen und demokratische Strukturen haben einfach ihren Preis.

Autofokus-betriebene 135mm Objektive gibt es von allen namhaften großen Herstellern. Wir widmen uns den manuellen Objektiven, da sie zum Reisen einfach sehr kompakt sind.

Aktuell wird lediglich noch das Leica APO M 3.4 / 135mm für das M-Mount neu ausgeliefert.

Für Nikon und Canon liefert Zeiss aktuell noch das Milvus 2/135 aus

Man sollte aber keine Scheu vor gebrauchten Objektiven haben. Solche sind fast ewig haltbar und oft in fast neuwertigem Zustand und bieten dabei immer noch eine überzeugende Qualität.

Kleine Leica Historie Brennweite 135mm für Messsucher-Kameras

  • 1933 – 1960: Hektor 4.5 / 135mm
  • 1960 – 1965: Elmar 4.0 / 135mm Art.-Nr. 11850
  • 1963 – 1998: Elmarit 2.8 / 135mm Art.-Nr. 11829 (zunächst Serie VII Filter, ab 1977 mit 55mm Filtergewinde) / (in unseren Augen sehr empfehlenswert, aber auch sehr schwer. Ebenfalls gebraucht in sehr guter Qualität zu bekommen für sehr wenig Geld)
  • 1965 – 1980: Tele Elmar 4.0 / 135mm Art.-Nr. 11851
  • 1980 – 1998: Tele Elmar 4.0 / 135mm Art.-Nr. 11861(sehr empfehlenswert als preiswerte gebrauchte Alternative mit hoher optischer Qualität)
  • 1998 – aktuell: APO Telyt 3.4 / 135mm (ab Ende 2012 mit 6 Bit Codierung)
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