Hvide Sande am Ringkøbing Fjord – ein Rundgang
Hvide Sande zwischen Nordsee und Ringkøbing Fjord gelegen ist Schleusenstadt, Fischerdorf, Touristenmagnet, Werftstandort…. Wir sind schon einige Male durch Hvide Sande gefahren und immer haben wir uns vorgenommen, hier einmal anzuhalten. Heute haben wir es getan. Etwas außerhalb geparkt und uns dann in den Oktobertrubel der Herbstferien gestürzt. Dabei sind wir auf einen vielseitigen maritimen Ort gestoßen, der uns ziemlich überrascht hat. Denn Hvide Sande hat grade einmal weniger als 2.900 Einwohner und wurde erst im Jahr 1931 gegründet.
Zunächst sind wir dem Besucherstrom von Hvide Sande gefolgt und fanden uns zwischen einkaufswilligen Massen und Schuhsolen sparenden Parkplatzsuchern wieder. Den letzteren sei an dieser Stelle gsagt, dass man schneller zu Fuß am Ziel ist, wenn man das Auto außerhalb des kleinen Zentrums stehen lässt.
Denn der Platz auf der schmalen Nehrung ist im Zentrum von Hvide Sande einfach endlich. Entsprechend schmal sind die Straßen und eng die Bebauung. Da findet man kleine Läden mit allem, was Urlauber ein Stück glücklicher macht und kleine Cafés und Restaurants zum Entspannen und Genießen. Zu drei Seiten ist der nur wenige hundert Meter breite Landstreifen von Wasser umgeben. Im Norden führt die Klappbrücke über den einzigen Durchstich zwischen Ringkøbingfjord und Nordsee. Im Westen wartet die durchaus temperamentvolle Nordsee. Und im Osten der geliebte Ringkøbing Fjord. Außerhalb der Hafenmole an der Ostsee macht Hvide Sande seinem Namen alle Ehre. Es ist der weiße Sand der feinsandigen Strände auf Holmsland Klit, welcher dieser Region fast durchgehend so viele Urlauber beschert.
Und irgendwie zeigt sich Hvide Sande auf Höhe des Zentrums am Ringkøbing Fjord von der schönsten Seite. Da findet sich das ein oder andere fest verankerte Hausboot, das Reihenhaus mit Wasserblick zum Fischereihafen oder die anmutende Luxusvilla auf dem Hügel mit Blick auf alle Wasser.
Ein Abstecher zum Fischereihafen lohnt sich entsprechend. Abgesehen davon, dass hier ein romantischer Wander- und Radweg immer am Wasser entlang verläuft und ein paar Shelter auf unverwöhnte Vagabunden warten.
Auf jeden Fall aber bekommt man hier ein Gefühl für das eigentliche Leben in Hvide Sande. Hier liegt die Fischereiflotte mit etwa 40 Kuttern und dem ein oder anderen Anbieter für Angeltouren und Seesafaris. Immerhin hat Hvide Sande den fünften Platz unter den wichtigsten dänischen Fischereihäfen.
Nördlich des Fischereihafens von Hvide Sande entdecken wir alte auf den ersten Blick verwahrloste Fischerhütten. In unserem Romantikwahn vermissen wir doch eine gewisse Ordnung und entsprechend frische Farbe an den von Wind und Wetter zerzausten Holz- und Steinfassaden.
Aber ganz ehrlich- ich liebe diese pure undekorierte Art des Lebens. Auch wenn sich die Befürchtung breit macht, dass in absehbarer Zeit auch diese Fischerhütten touristisch und Postkartentauglich aufgehübscht werden. Aber das raue und gefährliche Leben der Fischer hat wenig mit solcher verklärten Vorstellung zu tun. Um so respektvoller besuchen wir die Fischräucherei. Kaufen dort fangfrischen Fisch, den wir so ursprünglich an diesem Ort genießen wie den immer währenden Wind in Hvide Sande.
Bald gehen wir zurück zur Klappbrücke und damit zur Schleuse von Hvide Sande. Sie gleicht en Höhenunterschied zwischen Nordsee mit ihren Gezeiten und dem Ringkøbing Fjord aus. Der Kanal zwischen den beiden Gewässern entstand erst 1931. Denn der Ringkøbing Fjord währe durch Versandung der südlich gelegenen Öffnungen fast zum Binnengewässer geworden. Heute besteht die Schleusenanlage aus dem eigentlichen Schleusenkanal und einem weiteren Entwässerungskanal.
Das Stadtzentrum sparen wir uns noch ein wenig auf. Denn nördlich der Schleuse sind wir immer wieder an den Docks mit ihren Booten vorbeigefahren. Jetzt also endlich einmal die Gelegenheit, dieser Industrie ganz nah zu kommen.
Mehr als 100 Menschen finden in der Hvide Sande-Werft Arbeit. Hier weiß man, worauf es bei Hochsee-tauglichen Booten ankommt. Immerhin entstehen hier auch Boote für Grönland. Die Nordsee ist in diesen Breitengraden rau. Wir selbst haben erst gestern einen schweren Sturm erlebt, der das Meer bis an die Dünen brachte. Breitengrad ist übrigens ein gutes Stichwort. Denn unmittelbar nördlich der Werft verläuft der 56. Breitengrad. Der wird natürlich entsprechend mit einem außergewöhnlichem Kunstwerk gefeiert. Aber nicht ohne in direkter Nachbarschaft an jene zu erinnern, die 1951 bei einem Einsatz der Seenotrettung ihr Leben gelassen haben.
Touristisch hat sich Hvide Sande immer weiter entwickelt und immer mehr sein Angebot auf seine Gäste zugeschnitten. Ob Bootssafari, das Fiskehus, der Westküstenradweg oder die zahlreichen kulinarischen und regionalen Offerten, die Menschen kommen gerne nach Hvide Sande. Als Karsten Fyn vor etwa 20 Jahren seine Ferienhausvermietung DanWest gründete, startete die Saison im Mai und endete im September. Heute hat sich die Region am Ringkøbing Fjord fast durchgehend als Urlaubsdomizil etabliert.
Denn gerade auch in den späteren Jahreszeiten ist das Licht rund um Hvide Sande traumhaft. Bei seltener Windstille ist der Ringkøbing Fjord wie ein blauer Spiegel. Den bestenAusblick dazu bietet die hohe Düne am Fuße des nördlichen Hafen. Leider wussten auch die Besatzer in der Zeit des Zweiten Weltkrieges um diese hervorragende Übersicht und bauten einen Geschützbunker in diese Düne. Schilder und fast vollständige Überreste erzählen davon auf diesem so beliebten und schon lange friedlichem Aussichtspunkt.
Langsam geht es wieder abwärts und damit zurück zum Parkplatz. Der liegt gleich an der Kirche. Ein bisschen erinnert mich die Architektur der Helligåns Kirke Hvide Sande an die Stadtmauer in Visby auf Gotland. Doch ist diese Kirche in Hvide Sande wesentlich jünger. Sie entstand nach jahrelanger Sammel- und Spendenaktion im Jahr 1954 und ist zugleich ein Zeugnis von echter Gemeinschaft. Zum Ausdruck bringt das beispielsweise der Teppich vor dem Altar. Er wurde 1981 von 27 Frauen aus Hvide Sande gestickt.
Die Kirchenglocke war ein Geschenk des Reeders A.P. Møller und trägt übersetzt die Inschrift: „Gib Gottes Liebe den rechten Klang“. Hier in der Kirche zu Hvide Sande befindet sich auch offensichtlich das einzige Votivschiff Dänemarks. Und damit ein Nachbau eines tatsächlich gesunkenen Schiffes. Solche Votivschiffe wurden in der Regel von überlebenden Seeleuten gestiftet.Christian Bollerup baute und schenkte sein Votivschiff im Jahr 2004 an die Kirche. Man findet sie recht häufig in Norddeutschland und Schweden. Die Kirche selbst entstand in spätromanischem Stil und ist damit die jüngste ihrer Art in Dänemark.
Unser Ausflug ist für diesen Urlaub vorbei. Vieles in diesem kleinen Fischerort Hvide Sande haben wir noch nicht gesehen. Aber schon Pläne, in Kürze wieder zu kommen und das Leben in Hvide Sande weiter zu entdecken. Nun fahren wir ins benachbarte Årgab in unser Ferienhaus. Wären wir nicht auf der Weiterfahrt gewesen, wäre von dort aus der Weg zu Fuß nicht weit. Denn Årgab liegt so dicht am Strand und Meer und an Hvide Sande. Bis bald in diesem jungen und jung gebliebenen Hafenort.
Für diesen Artikel wurden wir logistisch unterstützt von DanWest
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