Bad Schwartau in Ostholstein – Städte in Schleswig-Holstein

Bad Schwartau – kommt da nicht die Marmelade her? Genau richtig. Aber wo liegt dieser Ort, diese Stadt? Und was gibts da außer Extra Konfitüre noch? Auf dem Weg von Eutin nach Lübeck passieren wir oft Bad Schwartau, aber es lohnt sich, Zeit zu nehmen, so richtig Zeit, und dann auszusteigen und Bad Schwartau zu entdecken. Wir haben das gemacht und denken mit einem Strahlen an den Besuch zurück.

Zugegeben, es gibt Wege, die führen durch Bad Schwartau und man ist froh, schnell durch gefahren zu sein. Was man aber mit dieser Einstellung nicht bemerkt: Man hat etwas verpasst. Von der Vielseitigkeit der größen Stadt im Kreis Ostholstein können andere Städte oft nur träumen. Aber man muss sie entdecken. Wir haben die schönsten Punkte herausgesucht.

Doch im Vorfeld haben wir uns natürlich im Internet schlau gemacht, auf der offiziellen Seite der Stadt. Endlich einmal keine Grußworte auf der ersten Seite. Das ist schon wohltuend. Aber wir fanden sie dann doch. Und nein, ich will nicht begreifen, warum BürgermeisterInnen immer glauben, uns das Internet erklären zu müssen. Bitte streicht sie einfach, diese unsäglichen, nichtssagenden Grußworte. Erzählt von Euren Visionen und Träumen, die Ihr für diese Stadt habt, in der Ihr tätig seid und gut ist.

Dann ist mir das Logo der Stadt aufgefallen. Alle Welt glaubt ja heute, ein Logo zu benötigen. Zur Wiedererkennung. Dabei bestehen die Städtenamen aus Buchstaben als Wiedererkennung. Und die schönste Form der Wiedererkennung sind positive Empfindungen, die sich herum sprechen, das passt also in kein Logo. Ach ja, der Slogan darf ja auch nicht fehlen und ich finde es immer gut, wenn ein Ort, eine Stadt sich einem Thema widmet. So findet man den Slogan auch im Logo, er musste da wohl noch irgendwie mit hinein. Das hat zur Folge, dass der Slogan gar nicht lesbar ist. Falsche Farbe, falsche Schrift und falsche Größe. Welche Agentur hat dafür Geld bekommen? Zeigt dem Menschen einmal das Logo und fragt sie dann nach dem Slogan: Sie werden ihn nicht nennen können. Schade ist das, denn das Thema ist toll.

Verlassen wir lieber schnell die virtuelle Welt Bad Schwartaus und zeigen die Realität, denn die ist unvergleichlich schöner. Vor allem, wenn die Sonne scheint. Dann gibt es kein Halten mehr, alle Welt kommt an die Eisdiele und steht Schlange. Aber nicht nur die Eisdiele hat geöffnet, mit ihr auch überall verteilt kleine Cafés, Biergärten oder Bäckereien.

Zentrum des Geschehens und zugleich Ausgangspunkt ist sicherlich der Marktplatz. Man mag es nicht für möglich halten, aber hier koexistiert moderne mit historischer Architektur vorbildlich miteinander. Hier findet sich das sehr klar gegliederte Gebäude der Bücherei in direkter Nachbarschaft zum historischen und eindrucksvollen Gebäude des Amtsgerichtes. Schöne Sitzplätze laden zum Verweilen und zum Abschalten ein. Ein kunstvoller und ebenso historischer Brunnen erfrischt auf dem Marktplatz die erhitzen Streithühner des Gerichtes hoffentlich ebenso wie die zahlreichen Kurgäste, die zum Bummeln oder Schlemmen genau hier her kommen.

Insgesamt werden in Bad Schwartau die architektonischen Epochen gerade der jüngeren Zeit so deutlich sichtbar, wie kaum woanders. Für den einen mag die 70er, 80er, 90er Gebäudegestaltung einfach nur funktional häßlich sein, für andere unbedeutend und für mich irgendwie komisch und doch mit einer Daseinsberechtigung. Nun liebe ich alte Häuser in Bäderarchitektur, aber hier denke ich, warum nicht alles so lassen und die Unterschiedlichkeit betonen.  Sichtbar ist auch, dass sich die Stadt bemüht, ihr reales Erscheinungsbild zu pflegen und zu gestalten.

Sicherlich ist neben der neugestalteten Einkaufszone die schönste Geldausgebemeile die Lübecker Straße. Hier kann, wer will, mit dem Auto vor das Geschäft fahren, sofern er einen Parkplatz bekommt und entdeckt kleine und abwechslungsreiche Läden, immer wieder ergänzt durch schöne Lokalitäten. Schicke und fein herausgeputzte Häuser, in denen gelebt und gearbeitet wird, säumen die gepflasterte Straße mit ihren breiten Gehwegen.

Am Ende der Lübecker Straße befindet sich die Quelle all meiner Konfitüre auf meinem Frühstückstisch, die berühmten Schwartauer Werke. Sie haben der Stadt die Treue versprochen und wie lange sie bereits hier die Früchte streichfähig ins Glas bringen, kann man schon am Alter der Produktionsgebäude abzählen. Würde hier noch der VW Käfer und der VW Bulli der ersten Generation fahren, es passte zum Pförtnerhäuschen mit seiner halbrunden Fassade. Mir gefällt und macht mir die Marke einmal mehr sympathischer.

Ganz stolz ist Bad Schwartau auf ihre junge Skulptur Vitruv Frau und Vitruv Mann. Augenscheinlich mag die Stadt nackte Skulpturen und sie sind auch schön gestaltet, aber hätte ich nicht auf sie geachtet, sie wären mir nicht unbedingt aufgefallen. Vorbild ist sicherlich die berühmteste Zeichnung Leonardo Davincis, dessen Kopien das Herz jeglichen Ergo-Therapeuten höher schlagen lassen und entsprechend in den meisten Praxen hängt. Hier ist es sozusagen in Metall gegossen und erinnert uns beim Vorbeigehen der Unzulänglichkeit des eigenen Körpers. Deswegen am besten schnell vorübergehen und das nahe Café links liegen lassen oder in eine der Kurkliniken der Stadt einschreiben und diese Skulptur an sich selbst Mensch werden lassen.

Vielleicht ist ein erster Schritt dazu, die Bismarksäule auf dem Pariner Berg zu erklimmen und von hier aus eine atemberaubende Aussicht in die Umgebung zu genießen. Oder aber ein ausgiebiger Spaziergang durch den weitläufigen, schlichten und schönen Kurpark mit seinem Wald, der Schwartau und des Schwartauer Sees. Hier wird Körper und Seele gleichermaßen angesprochen von der Ruhe des Ortes, an dem Menschen quer durch alle Generationen verweilen. Wessen Gefühle füreinander gefühlt für eine Ewigkeit, zumindest einen Moment, explodieren, der bereichere den Schlüsseldienst und hänge eines dieser gravierten Vorhängeschlösser an die Liebesbrücke, die im Kurpark über die Schwartau führt.

Etwas außerhalb, von der Autobahn aus sichtbar ist der alte Wasserturm der Stadt. Und auch die St. Fabian- und St. Sebastian- Kirche in Reisfeld ist einen Besuch wert, gerne auch anlässlich eines Gottesdienstes. Denn Kirche ist zum Glück immer noch kein Museum, auch wenn es mitunter sich anders anfühlt beim Anblick von Reisenden und „ich-war-da-Knipsern“.

Ein Besuch der etwas anderen Art ist sicherlich die außerhalb liegende Teerhofinsel. Auf dem Privatland des Yachthafens rotten alte Kähne oder was von ihnen übrig blieb, daneben warten Sport- und Segelboote auf die neue Saison. Die Insel ist künstlich vom Festland geteilt, um den Schiffsverkehr zu beschleunigen, der das nahe Lübeck ansteuert oder dort ablegt. Ursprünglich wurde hier zu Zeiten der Segelschiffe Teer verarbeitet, um Schiffe und deren Spannten oder Taue dicht bzw. seefest zu machen. Das Zeug war brandgefährlich, so musste es außerhalb der Stadt lagern, um nicht ebensolche zu entzünden. Ferner lagerten hier auch andere und zum teil hoch explosive Stoffe. Heute weist ein kleines Hinweisschild, von Bad Schwartau in Richtung Lübeck fahrend, auf das Industriegebiet „Teerhofinsel“ hin.

Bad Schwartau ist so vielfältig wie seine Architektur. Und das auch in seinem Menschen. Genau das weiss die Stadt zu schätzen und möchte all diesen Menschen, quer durch alle Altersgruppen ein Zuhause sein. Der Drei-Generationen-Ort bemüht sich, nach außen sichtbar zu machen, was sich eigentlich bei einem Sonntagsspaziergang im Zentrum zeigt. Wir waren recht angetan von dieser Stadt und haben Anregungen bekommen, noch vieles neue hier zu entdecken.

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