Vimmerby in Småland – (nicht) ohne Astrid Lindgren

Echte Schweden-Fans sind oft auch echte Astrid Lindgren-Fans. Was liegt da näher, als sich ins Zentrum ihrer Kindheit zu bewegen und nach Vimmerby in Småland zu fahren… Wer hier allerdings die Straßenzüge aus den Verfilmungen von Astrid Lindgren in Vimmerby sucht, wird enttäuscht. Wer aber den Hintern hochbekommt und sich bewegt, wird wunderschöne Facetten einer kleinen Stadt in Schweden entdecken. Und vielleicht seinen ersten Eindruck von der Einfahrt nach Vimmerby revidieren. Wir sind bereits mehrfach in Vimmerby und stellen es hier vor.

Zu Zeiten der Kindheit von Astrid Lindgren bestand ihr Zuhause aus einem weitläufigen Gutshof im kleinen Dorf Näs. Ins Zentrum nach Vimmerby war es nicht weit. Heute ist das alles zusammen gewachsen. Dabei sind Wohnquartiere und Industriegebiete in Vimmerby entstanden, die nicht unbedingt unseren verklärten Vorstellungen von Vimmerby entsprechen. So kommt es vor, dass viele Reisende kurze Zeit am wirklich malerischen Rathausplatz verbringen und dann  entweder die Astrid Lindgren Welt besuchen oder zügig weiterreisen. Sie wissen dabei gar nicht, was sie verpassen.

Das Astrid Lindgren Denkmal in Vimmerby

Natürlich hat Vimmerby seiner berühmtesten Tochter der kleinen Stadt auch ein Denkmal gewidmet. Bei aller Sympathie für diese großartige Schriftstellerin ist sie für Vimmerby auch ein enormer Wirtschaftsfaktor. 

Dabei vermittelt uns Astrid Lindgren eine friedvolle und zukunftsweisende Pädagogik und würde sicherlich den Kopf schütteln, wenn man mit einem großen Wohnmobil und Bratwürsten aus dem Discounter ihre Nähe suchte. 

Denn Naturschutz und Tierwohl, dafür hat sie massiv gekämpft und gestritten. So sollte das Astrid Lindgren Denkmal auch Anstoß sein, über sein eigenes Verhalten und über die eigentlichen Inhalte ihrer Botschaften abseits der verklärten Romantik nachzudenken. Und vielleicht ein bisschen mehr wie Astrid werden.

Das Spannungsfeld der Stadtentwicklung könnte kaum größer sein als am Rathausplatz selbst. Hier treffen die überwiegenden historischen Gebäude auf einen Baustil der 1960/70er Jahre wieder. Gleichsam ist diese Mischung auch in den umliegenden Straßenzügen zu finden.

Aber Vimmerby ist ben kein Freilichtmuseum. Vielmehr eine typisch schwedische Kleinstadt in der Provinz. Die das Glück hat eine durch die Generation weltberühmte und weltweit beliebte Schriftstellerin zu haben. Und so wird ihr Geist schon von weitem sichtbar auf Werbeschildern zelebriert.

Das soll auch so sein. Und idealerweise nimmt man sich ob allein, zu zweit oder mit seinen Kindern und Enkelkindern Zeit für Astrid Lindgren. Und damit auch mal einen ganzen Tag Zeit, in Vimmerby zu verweilen. Oder nimmt Vimmerby gar als Ausgangspunkt, Astrid Lindgren zu entdecken.

In Vimmerby selbst gibt es neben Astrid Lindgren alle Geschäfte des täglichen Bedarfs. Den kleinen Loppis im offenen Innenhof, die ein oder andere schwedische Markenkette, Buchhandlung, Schuh- und Modeläden. 

Vor allem rund um den Rathausplatz warten gemütliche Cafés. Nur unweit am Parkplatz gibt es den Sibilla, einer in Schweden sehr erfolgreichen Burger-Kette. Nicht teurer als ihre amerikanischen Mitbewerber aber deutlich schmackhafter.

Aber auch das Kino, das kleine Theater und das Stadtmuseum sind immer Spiegel des kulturellen Lebens einer Stadt. Möchte man den Geist eines Ortes, einer Stadt atmen, dann gehört ein solcher Besuch eigentlich dazu. 

Wenn wir eine kleine Stadt oder ein Dorf kennenlernen wollen, laufen wir in der Regel vom Zentrum mal spiralförmig, mal sternförmig in alle Richtungen. Auch in die Nebenstraßen. Nur selten bleibt der Aha-Effekt aus. Genau das lohnt sich auch hier in Vimmerby. Zugegeben, wir waren schon mehr als eine Handvoll mal in Vimmerby. Aber vielleicht dieses Mal am intensivsten. Und nicht nur einen Tag.

Båtsmannsbacken in Vimmerby

Da entdeckt man beispielsweise die kleine romantische Gasse am Båtsmanssbacken. Man läuft fast an ihr vorbei, obwohl es wahrscheinlich eines der schönsten Wege in Vimmerby ist. Der Båtsmannsbacken erinnert ein wenig an schwedische Fischersiedlungen. Auch, wenn es heute hier keine Cafés gibt und die Menschen in Ruhe in ihren schönen und liebevoll gepflegten Häusern haben wollen- ein kleiner Spaziergang durch diese Gasse sollte bei einem Vimmerby-Besuch unbedingt dabei sein.

Warmbadhuset Vimmerby

Oder das alte Warmbadehaus. „Andersson- zum Badehaus….“ ist eine ser Szenen aus „Madita“. Der Bürgermeister macht sich bei einem Rundflug in einem Doppeldecker in die Hose. Seine Frau hatte ihn dazu genötigt.

Ja. solch ein Warmbadehaus gab es auch in Vimmerby in der Sevedegatan. Und es gibt es immer noch. Ein wunderschöner Ziegelbau. Erbaut wurde es im Jahr 1906 als eine Kombination aus Kraftwerk und Badehaus. Die letzte Möglichkeit, hier ein Bad zu nehmen, gab es 1977. Nach Umzug des Kraftwerkes Vimmerby wurde das Warmbadhus an die städtische Wohnungsgesellschaft Vimmerhem übertragen und ab 2002 an den Kunstverein vermietet. 

Heute ist das Warmbadehaus in Vimmerby zentraler Veranstaltungsort mit kleiner offener Tribüne im Vorgarten und Ausstellungsräumen im Inneren. Hat man sich früher zum Baden und Schwimmen verabredet, so soll sich in gleicher Weise auch heute das Warmbadhus Vimmerby als Treffpunkt anbieten. Die Ausstellungsräume sind an Samstagen und Sonntagen geöffnet.

Die Vimmerby Kyrka und die Bürder Löwenherz

Schwedenurlauber, die hin und wieder „k:a“ auf einem Schild lesen, fragen sich oft über diese Bedeutung. In der Tat ist das die Abkürzung für das eigentlich schon kurze Wort „Kyrka“ – zu deutsch: Kirche. Auch Vimmerby hat eine solche, die Vimmerby Kyrka. 

Die heutige Kirche in Vimmerby wurde in den Jahren 1854 / 55 erbaut. Bereits ab dem 13. Jahrhundert gab es eine Kirche in Vimmerby. Der Vorgängerbau der Vimmerby Kyrka war ebenso wie die heutige eine Kirche aus Stein. Die Turmuhr wurde im Jahr 1876 von der Vimmerby Spritbolag gespendet. Der Baustil der Kirche wird den neoklassistischen Stil zugeordnet.

Nun hat das Zuhause der Schriftstellerin auch Astrid Lindgren nachhaltig geprägt. Viele Details findet man in ihren Geschichten wieder. So waren es auch die Grabsteine  der Brüder Johan Magnus und  Achates Phalén, die im Jahr 1860 verstarben. Ohne die beiden zu kennen, entstand aus der Begegnung mit diesen Grabsteinen später die Geschichte der Brüder Löwenherz.

Es kann nur einen kleinen Abriss geben über Vimmerby. Denn wenn man sich bewegt und offen ist, wird man mit Vimmerby eine beschauliche und junge aufgeschlossene Kleinstadt in Småland entdecken.

Wie wäre es, auf der Bank am Rathausplatz zu sitzen, welche für Menschen reserviert ist, die das Gespräch mit unbekannten suchen? Oder der Besuch des Motorcross-Museum. Oder der des kleinen Traktormuseums? Vielleicht einen Ausflug in die Brauerei, das Åbro Brygghuset….

An dieser Stelle sind wir ganz in Vimmerby geblieben. Weil es sich lohnt. Auch ohne Astrid Lindgren. Die wiederum lohnt sich auch ohne Vimmerby. Und doch gehört all das zusammen. Genauso wie Vimmerby und Småland. Den einzelnen Orten widmen wir einzelne Artikel. Denn jeder Ort für sich lohnt sich. Astrid Lindgren ist ein ganzer Urlaub wert. Und Vimmerby für sich genommen mehr als nur einen Tag. 

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