Über die Eismeerstraße (Ishavsvejen) nach Berlevåg
Wir sind auf unserer Tour entlang der Barentssee im Zentralort Berlevåg angekommen, das Wetter zeigt uns in diesen Sommertagen die kalte Schulter. Um so besser bekommen wir einen kleinen Einblick in den Alltag der Menschen, die sich hier unabhängig von solchen Einflüssen in der rauen Umgebung zuhause fühlen.
In der Planung unserer Tour hatten wir den Gedanken, ob uns die karge und recht flache, baumlose und polare Landschaft nicht zu langweilig würde. Immerhin entdecken wir die gesamte Küstenlinie der Barentssee bis an die russische Grenze und sind einige tausend Kilometer in dieser Tristesse unterwegs. Aber nun sind wir in einer der nördlichsten Orte am Ende der Eismeerstraße Norwegen angekommen, in Berlevåg. Und wie bisher werden wir täglich von den neuen Eindrücken tief berührt.
Berlevåg: Es ist so wie es ist
Wer romantische Kalenderfotos und blumengeschmückte Vorgärten sucht, sich für schmucke Holzfassaden und edle Boutiquen und Restaurants begeistert, der ist hier falsch in Berlevåg. Nein, Berlevåg ist kein feines Touristenstädtchen, hat kein hippes Szene- Viertel und auch keine Parkanlagen. Berlevåg ist geprägt von den Menschen, die hier leben und die sich täglich ihrer Umwelt, vor allem dem Meer, stellen und sich mit ihrer Umgebung, hier in der Subarktis arrangieren. Hier geht es nicht darum, wer den dicksten SUV fährt und wer die edelste Handtasche trägt, in Berlevåg geht es um das echte Leben und manchmal auch um das Überleben. Wer hier in einem der größten Fischerorte der Finnmark lebt, der fühlt sich hier zuhause, weil Berlevåg eben so ursprünglich und schroff ist, wie es ist.Berlevåg kommt ins Kino
Genau diese Ehrlichkeit, dieses pure Leben, brachte Filmemacher dazu, im Jahr 2001 einen Dokumentarfilm in die Kinos zu bringen, der eine ganz andere Seite dieses Fischerortes zeigt. Der Film „Heftig og begeistret“ rührte Menschen auf der Welt, die das Portrait des Männerchors aus Berlevåg sahen. In der Folge reiste dieser Männerchor ebenso um die Welt und transportierte ein Stück Lebensfreude, um dass sie wohl viele Menschen beneiden.Berlevåg: Im Kleinen groß
In Berlevåg leben gerade einmal 1000 Menschen. Die meisten von ihnen verdienen ihren Unterhalt entweder mit dem Fischfang oder der Fischverarbeitung. Über 70 Jahre baute man an einem sicheren Hafen in dieser von winterlichen Stürmen geprägten Umgebung. Immer wieder wurden die Bauabschnitte durch Sturmfluten zerstört. Doch die Menschen gaben nicht auf. Nur ein sicherer moderner Hafen konnte das Überleben des Fischerdorfes mit seinen enormen Herausforderungen gewährleisten. Im Jahr 1975 waren etwa 1000 Tetrapoden mit jeweils einem Gewicht von 15 Tonnen gesetzt, deren Barriere damit selbst 10 Meter hohen Wellen Stand hält. Doch selbst heute ist der Hafen bei aufgewühlter See nicht erreichbar.Bis 1959 konnten Außenstehende Berlevåg nur mit der Postroute, den Hurtigruten, erreichen, erst dann wurde die Straßenanbindung fertig gestellt.
Berlevåg und sein Museum
Dass es im Belevåg einst eine Eisenbahn gab, ist nur eine Geschichte, die das Hafenmuseum von Berlevåg zu erzählen hat. Die Lokomotive, die für den Bau des Hafens das Baumaterial zum Dampfkran zog, steht dort in ihrem Schuppen, zu besonderen Anlässen wird sie vor das Tor gefahren. Auch sonst erfährt man in diesem schlichten und aufschlussreichen Museum die spannende und auch tragische Geschichte von Berlevåg, auch die traurige Besatzungszeit und anschließende Zerstörung durch die deutsche Wehrmacht. Unbedingt sehenswert ist der im Obergeschoss zu sehende Dokumentarfilm, der in einigen Sprachen die aufwendige Fertigstellung des Hafens zeigen und Zeitzeugen zu Wort kommen lassen.
Berlevåg und seine Einwanderer
Als Tourist, als Besucher dieses urigen und ungeschminkten Hafenortes wird man kaum verstehen, wie es die Menschen hier aushalten. Wohnmobile haben wir hin und wieder hier gesehen, aber kaum Menschen, die ausgestiegen sind. Zu windig, zu kalt, zu grau- aber man war mal da. Dabei ist es toll, Berlevåg zu spüren, zu atmen, zu erleben. So war beispielsweise die Schweizerin Daniela Salathé als Glaskünstlerin vor über 20 Jahren ihre neue Heimat in Berlevåg gefunden und hier ein kleines Atelier eröffnet, das Arctic Glasstudio. Ihre Kunst aus klarem und farbigen Glas spiegelt die Umgebung und deren Herausforderungen auf markante und schöne Art wider.
Landgang in Berlevåg
Bis zur Fertigstellung des Außenhafens wurden Fracht und Passagiere vor dem Hafen auf kleinere Boote umgeladen und in Berlevåg an Land gebracht. Doch als auch das Schiff der Hurtigrute anlegen konnte, nahm des Berlevåg mit in seinen regulären Fahrplan auf und legt seitdem regelmäßig hier an.
Seit 1970 gibt es auch einen kleinen Flugplatz etwa drei Kilometer außerhalb von Berlevåg. Von hier aus gibt es Direktverbindungen nach Hammerfest, Vadsø, Båtsfjord und Mehhamn.
Wer mit dem Auto anreist, nimmt schon einen langen Umweg in Kauf. Etwa 135 Kilometer ist Berlevåg von der Europastraße E6 zum Kreuzungspunkt Tanabru nach Kirkenes entfernt, man sollte bei guter Witterung etwa drei Stunden einplanen. Die Strecke ist zum Teil schmal und kurvenreich. In den langen Wintermonaten bis einschließlich Mai kann die Straße Fv 890 zugeschneit und entsprechend bei Sturm verweht und vom Meer her vereist sein.

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