Torghatten im Helgeland – eine Wanderung in die Vergangenheit

Das Helgeland im Norland von Norwegen fasziniert uns durch seine außergewöhnliche Schönheit und Vielfalt. Wir schauen uns die Umgebung von Brønnøysund an, einem der Häfen auf der Route der legendären Postschiffe.

Wir sind auf der Reise durch das bezaubernde, mystische, sagenumwobene, vielfältige,…. Helgeland im Nordland und halten am weithin sichtbaren Torghatten bei Brønøysund auf der Insel Torget. Gerade angekommen wird dieser legendäre Ort seine Umgebung in nassen Dunst verhüllen. Doch unsere dreijährige Tochter klinkt sich mit ihrem kleinen Sicherungsseil an mich und wir starten eine kurze und anspruchsvolle Wanderung auf einen Berg, der einmal ein Hut war.

Das Helgeland ist zur Zeit noch für viele ein kleiner Geheimtipp, zu abgelegen und nur mit zahlreichen Fähren zu bereisen liegt es nicht auf den klassischen Routen in Norwegen. Aber wir sind so begeistert von der Vielfalt, die diese Region zu bieten hat. Und so stehen wir jetzt auf einem kleinen Parkplatz nahe der Hurtigruten- Anlegestation Brønnøysund, vor dem Torghatten.

Von weitem ist der 256 Meter hohe und in seiner markanten Form beeindruckende Torghatten sichtbar. Auffallend ist das große Loch im Berg. Mitten drin, etwa 35 Meter hoch, zieht es die Menschen fast magisch an.

Aber am Parkplatz angekommen wird so mancher feststellen, dass er das Loch des Torghatten lieber von der Ferne betrachtet. Denn zum einem gibt es auch in Norwegen hin und wieder Regen, heute ist es wieder so weit. Zum anderen ist die etwa 30-minütige Wanderung hoch zum Loch des Torghatten anspruchsvoll und unbedingt nur mit rutschfesten und richtigen Wanderschuhen zu schaffen. Diese haben wir auch dabei, selbst unsere Kleine hat ihre ersten Wanderschuhe und einen Papa, der sich schon seit jeher gerne im Gelände bewegt und die ein oder andere Tour in Norwegen geführt hat.

Für Ungeübte möchte ich an dieser Stelle dringend abraten, mit kleinen Kindern diese Tour zu machen. Die oft freiwilligen Bergretter sind mittlerweile ziemlich genervt, wenn sie auf anspruchsvollen Routen Touristen mit schlechter Kleidung, schlechten Schuhen und unterkühlten Babys und Kleinkindern retten müssen. Dabei sind die Abstiege in der Regel deutlich schwieriger als die Wege hinauf.

Ein etwa zwei Meter langes Sicherungsseil verbindet meine Tochter mit mir, so kann sie nicht über die Kanten fallen, auch, wenn diese vielleicht nur ein oder zwei Meter tief sind. Aufgeregt laufen wir nun hoch, zunächst über einen Pfad, dann innerhalb eines Bachlaufes und dann über eine grobe Treppe. Doch gleich wird es aufregend, denn wir nehmen den Pfad hinauf zum Torghatten zwischen riesigen kantigen Felsbrocken. Schritt für Schritt. Der zunehmende Regen macht die Steine glitschig.

Torghatten, Bronnøysund, Helgeland, Kodak Ektar, Leica M Elmarit 2.8 28 asph

Torghatten, Bronnøysund, Helgeland, Kodak Ektar, Leica M Elmarit 2.8 28 asph. | © mare.photo

Die Wanderer, die uns nun entgegen kommen, schauen nicht schlecht, als sie unsere Tochter beim Erklimmen des Torghatten beobachten. Nach zirka 30 Minuten sind wir oben angekommen, am Loch des Torghatten. Etwa 160 Meter ist der Durchgang lang und wirkt wie eine kleine Kathedrale.

Der Durchgang auf der anderen Seite zum Meer hin ist verführerisch, aber wir bleiben auf dem einzigen Pfad, den wir auch gekommen sind. Denn dort geht es ebenso abwärts, allerdings unüberschaubar.

Ein Loch im Torghatten und wie es dazu kam

Nun streiten sich die Wissenschaftler und die Literaten über die Entstehung dieses beeindruckenden Lochs im Torghatten. Weil wir beiden Gehör bieten wollen, erzählen wir die wirklich lesenswerte Sage um den Torghatten hier.

Die wissenschaftliche Version geht so:

Nach der letzten Kaltzeit (die ist etwa 11.700 Jahre her) schmolzen langsam aber sicher die riesigen Gletscher. Die hatten mit ihrem Gewicht so alles herunter gedrückt, was sie konnten. Doch mit dem Verschwinden der Gletscher konnte die Landschaft wieder aufatmen und sich nach oben ausdehnen.

Man spricht in diesem Fall von der Postglazialen Landhebung. Und so kam es, dass das Loch im Berg einst auf Meereshöhe lag und durch das in dieser Umgebung oft tosende Meer langsam durch Ausspülungen entstand. Im Zuge der Postglazialen Landhebung erreichte der Torghatten seine heutige Höhe, dadurch wanderte das Loch im Torghatten immer weiter nach oben.

Flugzeugabsturz am Torghatten

Ein kleines Hinweisschild am Parkplatz weist auf eine Gedenktafel hin. Sie erinnert an dunkle Stunden hier am Torghatten.

Es ist der 6.Mai 1988, als beim Landeanflug auf den Flugplatz in Brønnøysund eine Dash 7 der norwegeischen Widerøy am Torghatten zerschellt. Alle 36 Insassen kommen dabei ums Leben. Das Flugzeugabsturz am Torghatten gilt als das schlimmste Flugzeugunglück in der Geschichte Norwegens.

Diese Tragöde haben wir hier beschrieben.

Camping am Torghatten

Vom ausufernden wilden Campen in Norwegen haben die örtlichen Anbieter und Bewohner zunehmend die Nase voll. Zu viele und zu rücksichtslose Camper sorgen immer wieder für die politische Diskussion, das Allemansrätt, das Jedermannsrecht, abzuschaffen. Hier, am Torghatten mit Wildcampen mittlerweile mit drastischen Mitteln unterbunden. Mittlerweile sind an diesem Platz über 800 EUR Bußgeld fällig, wenn man sich hier mehr als nur zum Parken niederlässt.

Unweit des Torghatten gibt es aber in bester Lage einen wunderschönen Campingplatz, direkt am Wasser. Gönnen wir den Menschen in der hier sehr kurzen Saison, dass sie daran Geld verdienen. Reich wird in dieser Region kaum jemand.

 

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