Auch vor Vardø hat die mittelalterliche Hexenverbrennung nicht Halt gemacht. Augenscheinlich fand sie in Europa überall dort statt, wo man Schuldige für die eigene Armut oder das eigene Leid verantwortlich machte.  Vardø hat sich mit dem Steilneset Memorial diesem Thema auf beeindruckende Weise gestellt.

Vardø und seine Hexen

So sehr das Mittelalter heute gefeiert wird, so brutal waren seine Folter- und Hinrichtungsmethoden. Das machte auch vor der kleinen arktischen Stadt Vardø nicht Halt. In der Zeit von 1060 bis 1692 wurden von über 100 Beschuldigten nach brutaler Folterung 77 Frauen und 14 Männer als Hexen hingerichtet.

Die Hexenverfolgung galt in Vardø als eine der schlimmsten in der gesamten Finnmark. Den Höhepunkt erreichte dieser Wahn in den Jahren 1662 und 1663.

Das Steilneset Memorial – Hexenmahnmal von Vardø

Auf beeindruckend künstlerische und architektonische Weise hat Vardø sich diesem dramatischen Thema angenommen und verpflichtete dazu den Schweizer Architekten Peter Zumthor.

Das 120 Meter lange Hauptgebäude besteht aus einer modernen Interpretation der traditionellen Fischtrockengestelle und ist mit einem Segeltuch überspannt.

Wie ein seitlich aufgestelltes Kajak hängt darin die lediglich 1,50 Meter breite Erinnerungshalle. Ein Holzsteg mit seitlichen Wänden führt zur schlichten Eingangstür. Im Inneren wird es dunkel. Für jedes der 91 Opfer gibt es eines der ungleichmäßig angeordneten kleinen Fenster mit einer dahinter liegenden kleinen Glühlampe. Zu jedem der 91 Opfer gibt es eine Gedenktafel mit Texten der Historikerin Liv Helene Willumsen. Ihre Texte gründen auf die aberwitzigen Gerichtsprotokolle.

Nahe des Gedenkraumes gibt es einen kleinen Pavillon mit einem symbolischen und stilisierten Scheiterhaufen. Aus einem Stuhl heraus brennt eine Flamme, die zu den darüber hängenden Rauchglasplatten empor steigt. An den umlaufenden fünf Meter hohen Masten sind sieben Spiegel kreisförmig um die Feuerstelle angebracht, jeder dieser Spiegel steht für einen der Hexenrichter.

Als Besucher bewegt man sich zwischen dem Kegelstumpf der Feuerstelle und den Spiegeln, in denen man das nie enden wollende Feuer auch indirekt betrachten kann. Der umgebende quadratische Pavillon des Steilneset Memorial besteht aus einer Stahlkonstruktion und Rauchglaswänden. An seinen Außenwänden spiegelt sich die Umgebung von Vardø.

Der Gedenkpavillon war das letzte öffentliche Werk der französisch-amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois, die 11 Monate vor der offiziellen Einweihung verstarb.

Am 23. Juni 2011 wurde das Steilneset Memorial in Vardø als Denkmal für die Opfer der Hexenverbrennung durch Königin Sonja von Norwegen eingeweiht.

Das Mahnmal im polaren Vardø dürfte eines der größten Einzelprojekte entlang der Landschaftsrouten in Norwegen sein. Vom Steilneset Memorial führt ein traumhafter Pfad in die nahe Umgebung von Vardø.

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Kommentare

  • Wieso verorten Sie die Hexenverfolgung als mittelalterliches Phänomen, wenn Sie doch selbst angeben, dass der Höhepunkt im 17. Jahrhundert erreicht wurde? Hexenverfolgung ist ein Verbrechen der Neuzeit, mit dem Ziel weibliches Wissen und ihre Träger_innen zu diskreditieren und auszulöschen. Derartige Vorgänge sollten wir nicht versuchen, weit weg von uns, in graue Vorzeit zu verschieben.

    • Hallo, Frau Groß.
      Die Hexenverfolgung mit all ihren Gründen und Auswirkungn ist sicherlich zu komplex, um in einem Artikel abgehandelt zu werden. Ich kann in diesem Fall nur auf die regionale Geschichte eingehen.
      Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass es keine Hexen gibt. Aber ihren Ursprung hat die Hexenverfolgung vor allem in seh armen Gegenden, in denen man versucht hat, andere für das eigene Unglück verantwortlich zu machen. Oder unliebsame Menschen zu diskreditieren und los zu werden.
      Ich weiß nicht, ob Sie das Steilneset Memorial kennen. Aber es hinterfragt die eigene Verhaltensweise von jedem Betrachter. Denn man sieht den brennenden Stuhl und dabei sich im Spiegel.
      Grundsäzlich hat sich die Menschheit nicht geändert, grundsätzlich machen wir gerne andere für unser (vermeintliches) Unglück verantwortlich. Grundsätzlich aber fehlen mir für Ihre Behauptung die Belege.

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