Manche Dinge sind einfach da, um sie im Idealfall nie zu gebrauchen. Und doch ist es gut, dass sie da sind. In diesem Fall ist die Festung Vardøhus in Vardø heute etwas wie ein romantischer offener, wie eine Festung dekorierter Park, doch schon früh sollte von hier aus die Bedrohung aus Russland abgewehrt werden. Immerhin ist Vardø der östlichste Punkt des Königreiches Norwegen.

Russland so nahe – die Festung Vardøhus in Vardø

Wir sind hier im malerischen und doch so unwirklichen Vardø, einem Mikrokosmos in einer Region, in der sich meine doch leicht fröstelnde Frau schon im Herbst nicht mehr aus dem Haus wagen würde, Oder doch? Zumindest möchte ich hier einen Winter erleben. ein wenig erinnert mich die Umgebung der Festung Vardøhus, aber auch Vardø, an Bilder, die ich von Grönland gesehen habe. Irgendwie fasziniert mich schon immer die arktische Region.

Und nun sind wir hier, mitten drin sozusagen. Ja, nach Osten wird es noch extremer, noch kälter. Aber hier bin ich immerhin auf westeuropäischem Festland so weit nordöstlich, wie es einfach weiter nicht geht. Und so rau die Umgebung, so friedlich ist die Landschaft.

Die Festung Vardøhus – und Norwegen blieb Norwegen

Nun war Norwegen einst ein Land aus vielen Stämmen und kleinen Reichen. Später stand es unter dänischer Herrschaft. Aber hier oben an der fischreichen Barentssee hätten gerne andere das Sagen gehabt. Allen voran die Schweden und die damalige Republik Nowgorod (Nowgorod ist heute eine der schönsten russischen Städte). Jedenfalls baute bereits im Jahr 1307 Håkon V. Magnusson die erste Festung, nach Russland hin ausgerichtet. Was es unter damaligen Bedingungen bedeutete, so eine Anlage an diesem Ort zu errichten, lässt sich kaum erahnen. Immerhin hat sie den nötigen Eindruck hinterlassen und es blieb friedlich.

Im 15. Jahrhundert baute man eine neue Festung und wollte damit der Entwicklung der Waffen standhalten. Entweder aber hatten potentielle Feinde gar kein Interesse an diesen durchaus öden Landstrich oder aber die Festung hat ihre Wirkung nicht verfehlt.

Die Festung war aber auch zugleich Gerichtsstätte und was hier im Mittelalter bis 1692 passierte, war so grausam wie pervers. Denn die Beschuldigten der Hexerei wurden hier gefoltert, angeklagt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.  In der Hexenverfolgung ist die Festung Vardøhus einer der gruseligsten Orte gewesen.

Erst spät kamen die Kanonen der Festung dennoch zum Einsatz. Im Jahr 1808 schossen sie während der Kontinentalsperre gegenüber England und Russland auf englische Schiffe, die diese Handelsblockade umsegeln wollten.

Und in ihren verzweifelten Aktionen während des zweiten Weltkrieges schossen sie mit diesen alten Kanonen sogar auf deutsche Flugzeuge, konnten allerdings die Besetzung durch die deutsche Wehrmacht nicht verhindern.

Die Festung Vardøhus heute

Burgen, Schlösser und Festungsanlagen haben alle einen gemeinsamen Ursprung. Und der ist in Missgunst, Krieg, Macht und Unterdrückung begründet. Bei aller Romantik sollte man sich dies bei all diesen Bauwerken bewusst machen. Um so schöner, dass sie sich heute zu friedlichen Treffpunkten gewandelt haben.

Schon lange fasziniert die Festung Vardøhus in Vardø Menschen aus den südlichen Landesteilen und selbst die Könige des Landes ließen es sich noch nie nehmen, diesen Ort zu besuchen.

Als König Christian IV 1599 einen Besuch abstattete, ritzte er seine Initialen in einen Balken der Anlage und alle nachfolgenden Könige taten es ihm gleich. Heute ist dieser Balken ein kleines Juwel im kleinen Museum in der erhaltenen Küstenbaracke von 1811.

Von Bäumen, die es hier gar nicht geben dürfte

Wer mit dem Fahrrad oder Auto angereist ist, den wird die baumlose Landschaft in der polaren Umgebung schon lange begleiten. Auch hier gibt es keine Bäume, fast keine. Denn in den 1950er Jahren wollte es der zuständige Kommandant ändern, zumindest ein bisschen.  Er pflanzte eine Eberesche.

Schnell gelangte der einzige Baum von Vardø zu ungeahnter Berühmtheit, er wurde gehegt und gepflegt, sogar im Winter wurde der Baum warm eingepackt. Aber, wie wir wissen, sind die Winter hier brutal.  Weniger durch extreme Temperaturen als durch eisige Stürme und Niederschlag. Tief wurzeln kann hier kein Baum. Und so waren es auch die Winterschäden, die im Jahr 2002 diesen einzigen Baum zu Fall brachten.

Doch damit wollte sich die Gemeinde nicht abfinden und so pflanzten anstelle des gerodeten Baumes  eine neue Eberesche die von weiteren Sträuchern des gleichen Gehölzes umgeben ist.

Wenn die Sonne im Januar endlich wieder am Horizont erscheint, knallt´s

Wir sind hier so hoch im Norden, dass die Sonne in den Sommermonaten niemals untergeht. Im Umkehrschluss bedeutet es aber über den Jahreswechsel totale Finsternis. Um so mehr sehnen sich die Menschen wieder nach der Sonne. Sobald sie im Süden um die Mittagszeit gerade so über den Horizont kommt, wird das natürlich gefeiert. Dann lassen die Kinder in der Schule von Vardø alles stehen und liegen und dürfen für den Rest des Tages nach Hause.

Aus den Kanonen der Festung wird die Sonne dann mit zwei Salutschüssen begrüßt.

Vardø Hus, Leica M Elmarit 2.8 28 asph., Kodak Ektar, Varanger | © mare.photo

Vardø Hus, Leica M Elmarit 2.8 28 asph., Kodak Ektar, Varanger | © mare.photo

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