Die Farben der beiden Flaggen könnten kaum ähnlicher sein, die Systeme der beiden Länder dafür kaum unterschiedlicher. Und doch finden sie auf besondere Art zueinander- am gemeinsamem Meer, der Barentssee. Hier, in Kirkenes.

Kirkenes, die russische Stadt in Norwegen

Kirkenes steht bei uns Nordlandreisenden eher weniger auf dem Programm, die Illusion der norwegischen Postkartenidylle will nicht so recht hier her passen. Gäbe es nicht die Hurtigruten, geriete vielleicht diese kleine Stadt an der Grenze zur arktischen Region schnell in Vergessenheit. Doch sie ist in der Tat die nordöstlichste Anlaufstelle dieser einstigen Postschiffe in einer bizarr anmutenden Landschaft.

Kirkenes gehört zu den armen Gegenden in Norwegen. Ja, auch die gibt es in der Tat in diesem reichen Land. Und Kirkenes gehört zu der von Umweltsünden am stärkten betroffenen Regionen. Ja, auch das gibt es in dem so romantisch-natürlichen Norwegen.

Die Arbeitslosigkeit ist höher als im Landesdurchschnitt und damit einhergehend auch die Kriminalitätsstatistik. Ob es der glücklichste Ort in Norwegen ist zu leben, mag ich bezweifeln, aber die Menschen hier in Kirkenes, sie arrangieren sich, erfinden sich neu und sie wissen, zu überleben.

Kirkenes ist das Synonym fürs Überleben

So dramatisch wie es sich anhört, ist es nicht mehr. Aber dieser kleinen Stadt mit seinen etwa 3.500 Einwohnern wurde bisher nicht viel geschenkt. Das Ende vom Zweiten Weltkrieg war für Kirkenes so etwas wie die Stunde null. Denn die damaligen Rohstoffvorkommen und die Nähe zu Russland wurden Kirkenes wie der gesamten Finnmark zum grausamen Verhängnis und die Stadt entwickelte sich zum Strategiespiel aller am Krieg beteiligten Mächte.  Anzünden mussten die abziehenden Wehrmachtsoldaten Kirkenes nicht mehr viel, nach 1000 Flugalarmen und 323 tatsächlichen Bombenangriffen sollen noch etwa 20 Gebäude gestanden haben.

Die Andersgrotta in Kirkenes

Die Menschen suchten jedes Mal Schutz in der Andersgrotta und wussten, dass nach dem Alarm nichts mehr so sein würde wie vorher. Das wussten sie 323 mal. Denn hier verlief die Murmansk-Front und die Finnmark mit Kirkenes wurde zum Aufmarschgebiet der deutschen Wehrmacht. Drei Jahre lang versuchte diese, am russischen Fluss Litsaelva in Richtung Murmansk vorzustoßen, doch vergeblich.

Und so wurde Kirkenes einer der am meisten bombardierten Städte in ganz Europa. Nur Valletta auf Malta wurde noch öfter getroffen.  Der 4.Juli 1944 hat sich den Menschen in Kirkenes als ein Tag der absoluten Hölle eingebrannt. Sowjetische Bomber zerstörten 140 Häuser, die Stadt brannte.

Lebten bisher etwa 7.000 Menschen in Kirkenes, so kämpften etwa 200.000 deutsche Soldaten an der Front mit Russland. Für Kirkenes bedeutete es, bis zu 100.000 dieser uniformierten unterbringen zu müssen. Dazu kamen bis zu 60.000 sowjetische Kriegsgefangene, die unter menschenverachtenden Bedingungen in Kriegsgefangenenlagern über die gesamte Finnmark verteilt waren. Am 25. Oktober kamen die Russen dann als Befreier der Finnmark, und als solche wurden sie gefeiert. Und so wundert es nicht, heute ein russisches Denkmal zu diesem Anlass in der norwegischen Stadt Kirkenes vorzufinden. Ebenso erzählt die Andersgrotta als ehemaliger Luftschutzbunker und das Grenzlandmuseum über diesen dramatischen Teil der norwegisch-russisch-finnisch-deutschen Geschichte.

Kirkenes hat abgebaut

Kirkenes verfügt neben einem eisfreien Hafen auch über große Erzvorkommen. Und die wurden reichlich in der Erzmine Bjørnevatn ausgebeutet. Über die acht Kilometer lange Güterzugstrecke kam das Eisenerz dann bis nach Kirkenes und wurde hier verschifft. Doch mit dem Sinken der Stahlpreise am Weltmarkt kam auch der Niedergang der Mine, in der bisdahin etwa 1.500 Menschen Arbeit fanden, also etwa 15 Prozent aller Bewohner der östlichen Finnmark.

Zur Zeit laufen die Vorbereitung für die Reaktivierung des Bergbaus. 

Die russische Invasion von Schwermetallen

 

 

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