Der leise Tod – Warum man Ertrinkende nicht rechtzeitig bemerkt

Im Jahr 2017 ertranken in Deutschland 404 Menschen, darunter viele Kinder. Gerettet wurden 756 Menschen. Doch warum nur bemerkt man nicht, wenn jemand ertrinkt?  Und warum kann man noch eine Woche nach einem Untertauchen zuhause im Schlaf ertrinken?

Der Tod durch Ertrinken ist ein langsamer, qualvoller und sehr leiser Tod. Fast unbemerkt geht ein Ertrinkender einfach unter und taucht lebend nicht wieder auf. Anders als in den Filmen, in denen Ertrinkende hilfeschreiend wild mit den Armen fuchteln, sieht die Realität aus.

Wir kennen den fröhlichen Lärm von Schwimm- und Freibädern, vom Badesee und vom Meer. Kinder und Jugendliche toben im Wasser, sie rufen, schreien  und lassen ihrer Lust auf das kühle Nass freien Lauf.  Das Glück der Kinder sollte man dabei nie in Zweifel ziehen oder stören- aber unbedingt und ausschließlich beaufsichtigen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob Kinder in einem Planschbecken mit 15 Zentimeter Wassertiefe spielen oder in einem Schwimmbecken oder See. Bei Kindern unter drei Jahren reicht bereits eine Wassertiefe von nur fünf Zentimeter, um zu sterben. Ertrinken gehört bei Kindern zur zweithäufigsten Todesursache. Manchmal haben sich die begleitenden Eltern im Wasser nur mal eben umgedreht und sich unterhalten.

Aber, warum bemerkt man einen Ertrinkenden nicht?

Durch die dramatischen Szenen der Kino- und Fernsehfilme gehen wir davon aus, dass Menschen, die in Not sind, um Hilfe schreien und sich bemerkbar machen. Das aber ist vollkommener Unsinn und so kommt es, dass solche Szenen uns auf falsche Wahrnehmung trainieren. verantwortungsbewusste Filmemacher sollten diesen Blödsinn einfach lassen. Denn ein Kind, ein Mensch, der ertrinkt, versucht seine Kraft zu bündeln und nur noch nach vorne zu kommen. Dabei liegt der Kopf immer mehr auf dem Wasser, die Kraft lässt nach und das Atmen wird immer kürzer. Recht schnell ist der Mund unter Wasser, dann die Nase, dann der ganze Körper.

Ich selbst erinnere mich an unser Schulschwimmen, als ich in der ersten Klasse Schwimmunterricht hatte. Außer unserer Schulklasse war niemand im Becken. Auf einmal ging ich auf dem Beckenboden spazieren und kam einfach nicht mehr hoch. Die Schulklasse einschließlich Lehrer war bereits im anderen Becken,das war mein Glück. Denn so nahm mich der Bademeister wahr und holte mich heraus.

Unfallquellen, die zum Ertrinken führen können

Die meisten Ertrunkenen zwischen 6 und 15 Jahren ertrinken in einem Schwimmbad. Deshalb ist es so dringend wichtig, kein Smartphone mit ans Becken zu nehmen sondern seine Aufmerksamkeit einzig auf das Becken zu richten. Ohne Unterbrechung. Und wenn ein Kind nicht mehr tobt und ruft, sondern leise seine Bahn zieht, sofort herausholen. Dann entscheiden nur noch Sekunden.

Aber soll ein Kind dann überhaupt noch ins Wasser oder ist Schwimmen zu gefährlich? Nein, der Schwimmunterricht ist überlebensnotwendig. Immer weniger Menschen können schwimmen. Viel zu oft traut man auch Kindern viel zu viel zu.Je mehr Kondition beim Schwimmen erreicht wird, umso größer die Überlebenschancen, auch bei einem Paddel- oder Bootsunfall.

Doch nicht nur das Schwimmbad erfordert die ganze Aufmerksamkeit. Bei den unter zweijährigen der tödlich Verunglückten war die Ursache oft Ertrinken in der Badewanne. Kinder zwischen ein und drei Jahren verunglücken bei Wasserunfällen vorrangig in einem Gartenteich und bei den Kindern zwischen drei und sechs Jahren war die tödliche Gefahr nur zu oft in einem offenen Gewässer.

Schaut man sich den Körper eines kleinen Kindes an, dann bemerkt man den überproportionalen Kopf. Und wo der Schwerpunkt oben ist, gerät das Gesamte eher aus dem Gleichgewicht. wenn ein kleines Kind dann mit dem Kopf ins Wasser fällt, zum Beispiel mit dem Gesicht in nur fünf Zentimeter tiefes Wasser, schließt sich schockartig die Stimmritze und macht eine Atmung unmöglich. Das Kind wird ertrinken, ohne einen Tropfen Wasser in die Lunge zu bekommen, genau genommen wird es ersticken. Man spricht in diesem Fall vom trockenen Ertrinken.

Also, alle Aufmerksamkeit uneingeschränkt NUR dem Kind. Wenn das Smartphone geht, bitt einmal einfach ignorieren, sonst kann das Kind, auch, wenn es ur Sekunden alleine ist, TOT sein!

An Badeseen, in Flüssen oder auch am Meer sieht die Wasseroberfläche oft trügerisch glatt aus. Doch niemand weiß, wie es darunter ist. Strömungen, für konditionierte Schwimmer vielleicht noch zu bewältigen, sind eine Überforderng für Kinder, aber auch oft für Erwachsene. Ist man in eine Strömung geraten, nicht versuchen, gegen an zu schwimmen. Die einzige Möglichkeit ist, quer zu ihr zu schwimmen oder mit ihr, wenn man dort an Land oder auf einen Halt kommt, von dem man aus gerettet werden kann. Ich bin selbst zweimal in Griechenland in eine Unterströmung geraten, einmal zusammen mit einer konditionierten Marathon-Läuferin. Wir mussten fast einen Kilometer parallel zur Küste schwimmen, um aus dieser Strömung wieder heraus zu kommen.  Eine weitere Strömungsgefahr  besteht gerade an der Nordsee oder dem Atlantik bei einsetzender Ebbe. Das abfließende Wasser zieht einen in Kürze weit raus auf die offene See.

Unter der Wasseroberfläche befindliche Pflanzen sind eine weitere Gefahr, aus denen man sich, ob klein oder groß, unter Umständen nicht mehr befreien kann. Die Pflanzen schlingen sich durch hektische Beinbewegungen immer mehr um die Füße, bis die Kraft nachlässt. Selbst für Retter, die dies bemerken, können sie zur tödlichen Gefahr werden. Bei solchen Pflanzen, sollte man sie erst einmal erreicht haben, ins Rückenschwimmen wechseln und so flach wie möglich über ihnen weg schwimmen.

Wer nun glaubt, dem Kind Schwimmflügel anzuziehen und sich dann in Sicherheit wiegt, irrt. Und auch dieser Irrglaube kann zur tödlichen Gefahr werden. Schwimmflügel halten nicht den Kopf über Wasser. Er ist zu schwer und fällt ins Wasser, die Schwimmflügel werden nur den Oberkörper oben halten. Das einzig sichere ist eine Schwimmweste, die man gleich welchen Alters auch bei jedem Paddel- und Ruderausflug dabei haben sollte. In Skandinavien ist dies sogar vorgeschrieben.

Das Sekundäre Ertrinken

Ist es dann aber zu einem Unfall gekommen, bei dem das Gesicht eine Zeit unter Wasser war, unbedingt zu Arzt und ihm diesen Vorfall melden. Vor allem, wenn das Kind in der folgenden Zeit blaue Lippen bekommt, ihm übel wird, sich Hustenreiz einstellt oder das Kind beginnt zu röcheln. Auch Durchfall und Übelkeit sind ernstzunehmende Hinweise. Der Arzt  wird das Kind auf Lungenödeme untersuchen. Wird dies nicht gemacht, kann es passieren, wenn auch sehr selten, dass das Kind noch eine Woche nach dem Vorfall im Schlaf an dem eingeatmeten Wasser ertrinkt. Man spricht hier auch von sekundärem Ertrinken.

Kinder und Wasser, das ist eine traumhafte Kombination, aber sie ist so gefährlich wie der Straßenverkehr. Umso mehr braucht es unsere Aufmerksamkeit, auf sie zu achten und sie für den Umgang mit und im Wasser zu konditionieren und zu trainieren. Die ideale Anlaufstelle dazu ist der nächste Schwimmverein oder der DLRG.

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest
Reddit
Telegram
WhatsApp
Print

Schreibe uns Deine Meinung