Der Bahnhof Lübeck ist der größte Bahnhof Schleswig-Holsteins und nach seiner Restaurierung zweifelsohne auch einer der schönsten in Deutschland.

Gedanken

Als Kind einer Eisenbahnfamilie lasse ich es mir auch heute nicht nehmen, den Bahnhof der Stadt zu besuchen, in der ich mich gerade aufhalte. Die Lautsprecherdurchsagen, die Ruhe vor dem Menschenstrom nach einem ankommenden Zug, das Türen schließen, die Bettler am Eingang, der Kiosk mit den Ansichtskarten und der Wurststand, die gelben und weißen Fahrpläne und das Glitzern der Schienen im Abendlicht, die langsam einfahrenden oder abgehenden Züge…. das sind einige Eindrücke, die ich mit einem Bahnhof verbinde.

Vielleicht vererbt sich das Interesse, denn seit Beginn der Eisenbahngeschichte gab es in unserer Familie Eisenbahner. Diese Tradition habe ich zum Leidwesen meines Vaters nicht fortgesetzt, manchmal bedaure ich es. Unabhängig davon schaue ich jedem Zug nach und halte das Bahnfahren neben dem Unterwegs sein mit unserem Bulli für die schönste Art zu reisen.

Bahnhöfe, sie haben in der Regel immer eine Geschichte und die ist eigentlich immer eine Verfilmung oder einen Roman wert. Wer sich auf einen Bahnhof einlässt, entdeckt Liebe und Trauer, Kriminalität und Wiederkehr, Hoffnung und Resignation, Warten und Fliehen, Krieg und Frieden, Abschied und Neubeginn.Ein Bahnhof, er steht immer wieder für die Emotionen, vielleicht sogar für das Herz einer Stadt, eines Ortes. Auf welchen Bahnhof könnten diese Gedanken dann mehr zutreffen als auf den Lübecker Bahnhof?

Täglich besuchen etwa 31.000 Reisende diesen Ort, sie pendeln nach Hamburg oder Kopenhagen , sie besuchen die Stadt, nehmen die Nah- und die Fernzüge, steigen um in den Zug zu den Badeorten.

Im Jahr 1908 wurde er für den damaligen Betreiber gebaut, der Lübeck-Büchener-Eisenbahn (LBE). Denn das alte Gebäude nahe dem Holstentor hatte ausgedient. Es entstand ein sogenannter Reiterbahnhof. Ein Brücken-ähnliches Gebäude führt somit über die 10 Gleise mit ihren vier Bahnsteigen. Dorthin führen breite und massive Holztreppen. Die Anlage wird durch eine vierschiffige wunderschöne Bahnsteighalle mit einer Länge von etwa 130 Meter überdacht. Seit 2008 ist die gesamte Anlage elektrifiziert.

Der erste Lübecker Hauptbahnhof

Alter Bahnhof Lübeck | © Fotograf unbekannt

Alter Bahnhof Lübeck um 1900 | © Fotograf unbekannt

Zunächst entstand im Jahr 1851 im Zuge der Anbindung Lübecks an das Eisenbahnnetz der erste Hauptbahnhof nahe des Holstentores. Fast währe auch das vierte, innere Holstentor dafür abgerissen worden, doch engagierte Bürger aus dem gesamten Land kämpften erfolgreich für den Erhalt des heutigen Wahrzeichens der Stadt. Die damalige Hauptstraße musste bei jedem Zugverkehr überfahren werden und die Strecke führte über die heutige Poßelstraße über zahlreiche Brücken dicht am Wasser entlang. Das war für den wachsenden Verkehr sowohl auf der Schiene wie auch auf der Straße nicht mehr hinnehmbar.

Der Bahnverkehr gewann immer mehr an Bedeutung und mit dem ersten Halt eines D-Zuges am 01. Mai 1899 auf der Strecke Kiel-Berlin wurde die Epoche des Fernverkehrs eingeleitet. Ein weiterer Meilenstein war sicherlich der erste Halt eines internationalen Fernzuges in Lübeck, der am 1. Oktober 1906 als Nachtzug von Kopenhagen nach Hamburg fuhr.

Mit der Eröffnung des heutigen Bahnhofes im Jahr 1908 gab es keine wirkliche Verwendung für diese Anlage. Zwar versuchte man, das Gebäude auch weiterhin zu nutzen, doch mit der Neugestaltung des Holstentorplatzes im Jahr 1934 riss man die gesamte Anlage ab.

Der neue Bahnhof

Es war nicht einfach, einen neuen Standort zu finden, der dem wachsenden Verkehr genügen würde. Die Innenstadt, auf einer Insel gelegen, war definitiv ungeeignet. Genug Erfahrungen hatte man ja bisher sammeln können mit dem alten Bahnhof. So entschied man sich für den Platz, an dem der heutige Bahnhof steht. Im Jahr 1908 gab es die feierliche Übergabe der fertigen Anlage. Ein Jahr zuvor nahm bereits der Güterbahnhof seinen Betrieb auf.

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Anlage mit verhältnismäßig wenig Blessuren, Beschädigungen durch einzelne Bomben konnten recht schnell beseitigt werden. In der Nachkriegszeit  übernahm der Bahnhof die Funktion als Grenzbahnhof in den sowjetisch besetzten Teil Deutschlands und später in die daraus entstandene DDR. So entstand eine Besonderheit auf dem östlichen Bahnsteig für die Reisenden nach Rostock: eine Kontrollstation des Bundesgrenzschutzes. Zweimal täglich fuhren die sogenannten Interzonenzüge bis nach Rostock.

Im westeuropäischen Fernverkehr erlangte der Lübecker Hauptbahnhof Berühmtheit als wichtiger Punkt auf der Vogelfluglinie. Internationale Fernzüge machten in der Hansestadt Halt, um beispielsweise bis nach Rom oder nach Rostock weiter zu fahren.

Nach dem Ende der DDR 1989 /1990 rückte Lübeck mit seinem Bahnhof verstärkt in den Mittelpunkt, das Verkehrsaufkommen stieg stetig bis zu dem Tag, als die Brücke in Dänemark über den Store Belt eröffnet wurden. Seitdem verkehren die Fernzüge über die zwar weitere, aber dennoch durch den fehlenden Fährverkehr logistisch einfacherer Verbindung.

In den Jahren 2003 – 2007 wurde der gesamte Bahnhof umfangreich restauriert, elektrifiziert und an die moderne Zugwelt angeschlossen. Seitdem erstrahlt er wieder in seinem alten und charmanten Glanz.

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